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Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht



BGH, Urteil vom 18.11.2021 - I ZR 106/20

Kabel-TV-Anschluss - § 43b Satz 1 und 2 TKG a.F. stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG dar, die eine Betriebskostenumlage von Kabelanschlusskosten durch den Vermieter ermöglichen, wenn der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und vor Ablauf von 24 Monaten kündbar ist

UWG § 3a; TKG a.F. § 3 Nr. 17a und Nr. 24, § 43b; Richtlinie 2002/22/EG Art. 30 Abs. 5; Richtlinie 2002/21/EG Art. 2 Buchst. c und i; Richtlinie (EU) 2018/1972 Art. 105 Abs. 1

Leitsätze:*

1. Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktmitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern dient, stellt eine Marktverhaltensregelung dar, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird. Nicht erforderlich ist dabei eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne, dass die Regelung die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützt. Die Vorschrift muss aber zumindest auch den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken; lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen daher nicht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 08.10.2015 - I ZR 225/13 - Eizellspende; BGH, Urteil vom 27.04.2017 - I ZR 215/15 - Aufzeichnungspflicht, jeweils mwN).

2.

a) Bei § 43b Satz 1 und 2 TKG handelt es sich um Regelungen, die im Sinne von § 3a UWG auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

b) Der Vermieter einer Vielzahl von Wohnungen, der seinen Mietern einen Anschluss an ein Kabelfernsehnetz zum Empfang von Fernseh- und Hörfunkprogrammen zur Verfügung stellt und die ihm hierfür entstehenden Kosten im Rahmen der Betriebskostenabrechnung auf seine Mieter umlegt, ist ein Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten im Sinne von § 43b TKG.

c) Ein solcher Vermieter ist nicht nach § 43b Satz 1 TKG verpflichtet, seinen Mietern bei fortbestehendem Mietverhältnis eine Kündigung des Anschlusses an das Kabelfernsehnetz zum Ablauf von 24 Monaten zu ermöglichen, wenn der Wohnraummietvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und nach den gesetzlichen Regelungen vor Ablauf von 24 Monaten kündbar ist.

MIR 2022, Dok. 003


Anm. der Redaktion: Leitsätze 2 a) bis c) sind die amtlichen Leitsätze des Gerichts.

Die Regelungen zur Vertragslaufzeit finden sich nunmehr in § 56 Abs. 1 TKG. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 und 3 TKG n.F. können Verbraucher zudem die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten im Rahmen eines Mietverhältnisses nach 24 Monaten beenden. § 71 Absatz 2 ist bis zum 30. Juni 2024 nicht anzuwenden, wenn der Telekommunikationsdienst im Rahmen des Miet- und Pachtverhältnisses erbracht wird und die Gegenleistung ausschließlich als Betriebskosten abgerechnet wird (vgl. § 230 Abs. 4 TKG).
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 12.01.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3146

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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