Rechtsprechung
LG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2009 - 21 S 53/08
Keine formularmäßig vereinbarte Vorleistungspflicht bei Internet-System-Verträgen - Ein Vertrag, der neben Hosting-, Wartungs- und Beratungsleistungen die vollständige Gestaltung einer individuellen Internetpräsenz umfasst, unterfällt dem Werkvertragsrecht. Die formularmäßige Vereinbarung einer Vorleistungspflicht ist daher grundsätzlich unzulässig.
BGB §§ 307, 631, 632a, 641, 649
Leitsätze:*1. Ein Vertrag, der neben Hosting-, Wartungs- und Beratungsleistungen die vollständige Gestaltung einer individuellen
Internetpräsenz umfasst (hier: so genannter Internet-System-Vertrag), stellt sich als typengemischter Vertrag mit überwiegend
werkvertraglichem Charakter dar, mit der Folge, dass ein solcher Vertrag dem Werkvertragsrecht unterfällt (§§ 631ff. BGB).
Der Schwerpunkt eines solchen Vertrages liegt in der Gestaltung und Programmierung der individuellen Internetpräsenz, da die weiteren
Vertragsleistungen erst nach deren Erstellung bzw. Gestaltung für den Auftraggeber von Bedeutung sind. Es ist damit primäre
Aufgabe des Auftragnehmers eine fertige Internetpräsentation herzustellen, die anhand der Leistungsbeschreibung geprüft und
abgenommen werden kann.
2. Der Einordnung eines solchen Internet-System-Vertrags als Werkvertrag steht nicht entgegen, dass der Auftraggeber kein Eigentum
an dem erstellten Werk (der Internetpräsenz) erhält, da insoweit die fertige Präsentation als Erfolg der Leistung geschuldet ist.
3. Bei einem Werkvertrag ist die formularmäßige Vereinbarung einer Vorleistungspflicht (hier: innerhalb Allgemeiner Geschäftsbedingungen)
grundsätzlich unzulässig, da eine solche Vereinbarung von dem gesetzlichen Leitbild des Werkvertragsrechts, insbesondere von §§ 641 und 632a BGB,
abweicht. Eine solche Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist daher nach § 307 BGB unwirksam.
4. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die entgegen § 641 BGB eine Vorleistungspflicht begründet und damit die Fälligkeit der Vergütung -
unabhängig von der Abnahme und damit unabhängig von der Anerkennung der Leistung durch den Besteller als vertragsgemäß - in einem Zeitpunkt begründet,
in dem das eigentliche Werk noch nicht erstellt und die Überprüfung auf die Ordnungsgemäßheit noch nicht möglich ist, bedeutet für den Besteller
auch einen Nachteil von erheblichem Gewicht.
Der in diesen Fällen klagende Full-Service-Internetdienstleister verfolgt nun die zugelassene Revision gegen diese Entscheidung seines Heimatgerichts vor dem Bundesgerichtshof (BGH), um die Frage, ob ein Internet-System-Vertrag, der unter anderem die Gestaltung einer individuellen Internetpräsenz umfasst, dem Werkvertragsrecht unterfällt höchstrichterlich klären zu lassen. Das Verfahren wird beim BGH unter dem Aktenzeichen III ZR 79/09 geführt. Die Entscheidung der 21. Zivilkammer (Az. 21 S 53/08) ist daher noch nicht rechtskräftig. Die Entscheidung des BGH hängt im wesentlichen von dessen Beurteilung der Ausgestaltung der hier gegenständlichen Verträge ab. (Rechtsanwalt Thomas Gramespacher)
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 13.08.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2007
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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