Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2009 - 4 U 211/08
Abmahnungsmissbrauch - Zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 4 UWG.
UWG § 8 Abs. 4
Leitsätze:*1. Spezialisiert sich ein Wettbewerber gewissermaßen auf die Verfolgung eines bestimmten Wettbewerbsverstoßes (hier: fehlerhafte Widerrufsbelehrung)
spricht dies gegen eine ernstgemeinte Überwachung des lauteren Wettbewerbs und zeigt es bei der betreffenden Abmahntätigkeit
nicht insgesamt um die Wahrung und des lauteren Wettbewerbs geht.
2. Für die Rechtsmissbräuchlichkeit der Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche kann sprechen, wenn der
Umsatz des Abmahnenden in keinem Verhältnis zum Umfang der Abmahntätigkeit steht. Kommt hinzu, dass der Abmahnende und sein Anwalt
in einer familiären Beziehung zueinander stehen (hier: Neffe/Onkel) und überschneiden sich die Geschäftskreise der Parteien nur geringfügig,
liegt es umso näher, dass die Abmahntätigkeit nicht mit dem Zweck erfolgt, die Wettbewerber zum Schutz der eigenen Tätigkeit zu
wettbewerbskonformen Verhalten anzuleiten, sondern vielmehr um eine gewinnbringendes Beschäftigung zu betreiben.
3. Gegen die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zum Schutz des lauteren Wettbewerbs und für die Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahntätigkeit kann
sprechen, wenn der abmahnende Wettbewerber den abgemahnten Wettbewerbsverstoß nicht konsequent verfolgt, bis dieser endgültig
und mit Sicherheit abgestellt ist, nämlich durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung des Abgemahnten oder durch dessen Verurteilung.
§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG gibt dem Mitbewerber gerade deshalb die Klagebefugnis zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen,
um seine eigenen Wettbewerbsinteressen verfolgen zu können, nicht um wie ein "Wettbewerbspolizist" im Einzelfall Gnade vor Recht ergehen zu lassen.
4. Im Fall der rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs fehlt bereits die Klagebefugnis. Eine
Klage mit der ein Unterlassungsbegehren rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 8 Abs. 4 UWG geltend gemacht wird, ist daher als
unzulässig abzuweisen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 04.05.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1944
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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