Kurz notiert
Landgericht München I
"Zeitungszeugen" - Urheberrechte Bayerns an NS-Zeitungen "Der Angriff" und "Völkischer Beobachter" aus den Jahren 1933 – 1938 abgelaufen.
LG München I, Urteil vom 25.03.2009 - Az. 21 O 1425/09; nrk
MIR 2009, Dok. 069, Rz. 1
1
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 25.03.2009 (Az. 21 O 1425/09) einen Verbotsantrag des Freistaates Bayern gegen einen englischen Verleger wegen vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen durch den Nachdruck der NS-Zeitungen "Der Angriff" und "Völkischer Beobachter" weitgehend zurückgewiesen.
Zur Sache
Der verklagte Verleger ist Herausgeber der "Zeitungszeugen", einer Publikation, mit der über Zeitschriftenhändler Nachdrucke verschiedener Zeitungen aus den Jahren 1933 bis 1945 jeweils zu einem seinerzeit aktuellen Thema wie dem Reichstagsbrand oder der Machtübernahme der NSdAP verbreitet werden. Diese Zeitungsausgaben finden sich in einem "Zeitungsmantel", der Kommentare und Hintergrundberichte zu dem jeweiligen Thema enthält. Den ersten beiden Ausgaben der "Zeitungszeugen" aus dem Januar 2009 lagen unter anderem Nachdrucke der NS-Zeitungen "Der Angriff" vom 30. Januar 1933 und "Völkischer Beobachter" vom 1. März 1933 bei. Als Herausgeber des "Der Angriff" war Joseph Goebbels, als Herausgeber des im Eher-Verlag erschienenen "Völkischen Beobachters" war Adolf Hitler genannt.
Mittels einstweiliger Verfügung wollte Bayern die ersten beiden Ausgaben der "Zeitungszeugen" (Januar 2009), aber auch etwaige weitere Ausgaben verbieten lassen. Dabei berief sich der Freistaat darauf, als Rechtsnachfolger des NS-Verlages Eher Inhaber aller Urheber- und Verlagsrechte dessen Verlagsprodukte "Der Angriff" und "Völkischer Beobachter" sowie der Urheberrechte von Adolf Hitler zu sein.
Entscheidung des Gerichts: Kein Urheberrecht der "Herausgeber" Hitler und Goebbels - Ablauf des Verlagsurheberrechts
Das Landgericht München wies den Antrag weitgehend zurück, da der Freistaat Bayern keine urheberrechtlichen Ansprüche habe, mit denen er den Neudruck und die Verbreitung der Zeitungen "Völkischer Beobachter" und "Der Angriff" aus den Jahren 1933 – 1938 verbieten kann. Den "Herausgebern" Hitler und Goebbels komme mangels eigener schöpferisch Leistung kein Urheberrecht zu; soweit dem Eher-Verlag selbst nach damaligem Recht Urheberrechte zukamen, sind diese 70 Jahre nach Erstveröffentlichung der jeweiligen Zeitungen und damit für die Jahrgänge 1933 – 1938 abgelaufen (vgl. §§ 64, 69 UrhG).
Keine Rechte an einzelnen Artikeln - Nachdruckrecht an einzelnen Artikeln nicht nachgewiesen
Auch Rechte an einzelnen Artikeln konnte der Freistaat Bayern nicht nachweisen: In den meisten Fällen enthalten die Artikel keine Verfasserangabe und sind daher ebenfalls für die Jahrgänge 1933 – 1938 abgelaufen. Soweit die Artikel mit Verfasserangaben versehen sind, war nicht zu klären, ob der Verlag jeweils das Recht erworben hatte, den Artikel über siebzig Jahre nach Veröffentlichung noch einmal nachzudrucken.
Vorbeugendem Verbotantrag für die Jahrgänge 1939 - 1945 stattgegeben - Der Nachdruck ganzer Zeitungen ist nicht vom Zitatrecht gedeckt
Lediglich soweit zu befürchten ist, dass der Beklagte auch Zeitungen aus den Jahren 1939 – 1945 nachdruckt gaben die Richter dem – insoweit vorbeugenden – Verbotsbegehren statt. Der Verleger berief sich insofern ohne Erfolg auf sein Recht, im Rahmen eigener wissenschaftlicher Publikationen zitieren zu dürfen. Der Nachdruck ganzer Zeitungen gehe angesichts des "dünnen" Zeitungsmantels unter dem Gesichtspunkt des Zitatrechts zu weit, so das Landgericht.
(tg) - Quelle: PM Nr. 15/09 des LG München I vom 25.03.2009
Zur Sache
Der verklagte Verleger ist Herausgeber der "Zeitungszeugen", einer Publikation, mit der über Zeitschriftenhändler Nachdrucke verschiedener Zeitungen aus den Jahren 1933 bis 1945 jeweils zu einem seinerzeit aktuellen Thema wie dem Reichstagsbrand oder der Machtübernahme der NSdAP verbreitet werden. Diese Zeitungsausgaben finden sich in einem "Zeitungsmantel", der Kommentare und Hintergrundberichte zu dem jeweiligen Thema enthält. Den ersten beiden Ausgaben der "Zeitungszeugen" aus dem Januar 2009 lagen unter anderem Nachdrucke der NS-Zeitungen "Der Angriff" vom 30. Januar 1933 und "Völkischer Beobachter" vom 1. März 1933 bei. Als Herausgeber des "Der Angriff" war Joseph Goebbels, als Herausgeber des im Eher-Verlag erschienenen "Völkischen Beobachters" war Adolf Hitler genannt.
Mittels einstweiliger Verfügung wollte Bayern die ersten beiden Ausgaben der "Zeitungszeugen" (Januar 2009), aber auch etwaige weitere Ausgaben verbieten lassen. Dabei berief sich der Freistaat darauf, als Rechtsnachfolger des NS-Verlages Eher Inhaber aller Urheber- und Verlagsrechte dessen Verlagsprodukte "Der Angriff" und "Völkischer Beobachter" sowie der Urheberrechte von Adolf Hitler zu sein.
Entscheidung des Gerichts: Kein Urheberrecht der "Herausgeber" Hitler und Goebbels - Ablauf des Verlagsurheberrechts
Das Landgericht München wies den Antrag weitgehend zurück, da der Freistaat Bayern keine urheberrechtlichen Ansprüche habe, mit denen er den Neudruck und die Verbreitung der Zeitungen "Völkischer Beobachter" und "Der Angriff" aus den Jahren 1933 – 1938 verbieten kann. Den "Herausgebern" Hitler und Goebbels komme mangels eigener schöpferisch Leistung kein Urheberrecht zu; soweit dem Eher-Verlag selbst nach damaligem Recht Urheberrechte zukamen, sind diese 70 Jahre nach Erstveröffentlichung der jeweiligen Zeitungen und damit für die Jahrgänge 1933 – 1938 abgelaufen (vgl. §§ 64, 69 UrhG).
Keine Rechte an einzelnen Artikeln - Nachdruckrecht an einzelnen Artikeln nicht nachgewiesen
Auch Rechte an einzelnen Artikeln konnte der Freistaat Bayern nicht nachweisen: In den meisten Fällen enthalten die Artikel keine Verfasserangabe und sind daher ebenfalls für die Jahrgänge 1933 – 1938 abgelaufen. Soweit die Artikel mit Verfasserangaben versehen sind, war nicht zu klären, ob der Verlag jeweils das Recht erworben hatte, den Artikel über siebzig Jahre nach Veröffentlichung noch einmal nachzudrucken.
Vorbeugendem Verbotantrag für die Jahrgänge 1939 - 1945 stattgegeben - Der Nachdruck ganzer Zeitungen ist nicht vom Zitatrecht gedeckt
Lediglich soweit zu befürchten ist, dass der Beklagte auch Zeitungen aus den Jahren 1939 – 1945 nachdruckt gaben die Richter dem – insoweit vorbeugenden – Verbotsbegehren statt. Der Verleger berief sich insofern ohne Erfolg auf sein Recht, im Rahmen eigener wissenschaftlicher Publikationen zitieren zu dürfen. Der Nachdruck ganzer Zeitungen gehe angesichts des "dünnen" Zeitungsmantels unter dem Gesichtspunkt des Zitatrechts zu weit, so das Landgericht.
(tg) - Quelle: PM Nr. 15/09 des LG München I vom 25.03.2009
Online seit: 25.03.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1910
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