Kurz notiert
Bundesgerichtshof
"SSSuper ... Tolle ... Halzband (Cartier Art)" - Der Inhabers eines eBay-Accounts kann fĂĽr Rechtsverletzungen haften, die Dritte bei der Nutzung seines Accounts begehen.
BGH, Urteil vom 11.03.2009 – Az. I ZR 114/06 – Halzband; Vorinstanzen: LG Frankfurt, Urteil vom 13.05.2004 – Az. 2/03 O 15/04; OLG Frankfurt, Urteil vom 16.05.2006 – Az. 11 U 45/05
MIR 2009, Dok. 058, Rz. 1
1
Der Inhaber eines Mitgliedskontos (Accounts) bei der Internet-Auktionsplattform
eBay kann dafĂĽr haften, dass andere Personen unter Nutzung seines Accounts Waren anbieten und dabei Rechte Dritter verletzen.
Dies entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10.03.2009 (Az. I ZR 114/06).
Zur Sache
Der Beklagte ist bei eBay unter dem Mitgliedsnamen "sound-max" registriert. Im Juni 2003 wurde unter diesem Mitgliedsnamen unter der Ăśberschrift "SSSuper ... Tolle ... Halzband (Cartier Art)" ein Halsband zum Mindestgebot von EUR 30,00 angeboten. In der Beschreibung des angebotenen Artikels hieĂź es unter anderem: "... Halzband, Art Cartier ... Mit kl. Pantere, tupische simwol fon Cartier Haus ...".
Die Klägerinnen haben hierin eine Verletzung ihrer Marke "Cartier", eine Urheberrechtsverletzung sowie einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gesehen und den Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er sei für das beanstandete Angebot nicht verantwortlich, weil seine aus Lettland stammende Ehefrau sein Mitgliedskonto bei eBay ohne sein Wissen zum Verkauf persönlicher Gegenstände benutzt und dabei das Schmuckstück versteigert habe. Landgericht und Oberlandesgericht haben – ohne zu prüfen, ob durch das Angebot des Halsbandes die Rechte der Klägerinnen verletzt worden sind – die Klage abgewiesen, weil der Beklagte, der von dem von seiner Ehefrau in das Internet eingestellten Angebot keine Kenntnis gehabt habe, für etwaige Rechtsverletzungen jedenfalls nicht verantwortlich sei.
Entscheidung des BGH: Der Accountinhaber muss sich das Handeln Dritter zurrechnen lassen und haftet als Täter, wenn er seine Zugangsdaten nicht hinreichend sichert
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Beklagte hafte mangels Vorsatzes für die von seiner Ehefrau möglicherweise begangenen Rechtsverletzungen zwar nicht als Mittäter oder Teilnehmer. Es komme jedoch eine Haftung des Beklagten als Täter einer Schutzrechtsverletzung sowie eines Wettbewerbsverstoßes in Betracht, weil er nicht hinreichend dafür gesorgt habe, dass seine Ehefrau keinen Zugriff auf die Kontrolldaten des Mitgliedskontos erlangte.
Benutze ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskonto gelangt sei, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor dem Zugriff Dritter gesichert habe, müsse der Inhaber des Mitgliedskontos sich so behandeln lassen, als wenn er selbst gehandelt hätte.
Selbständiger Zurechnungsgrund
Der selbständige Zurechnungsgrund für diese Haftung bestehe in der von dem Inhaber des Mitgliedskontos geschaffenen Gefahr einer Unklarheit darüber, wer unter dem betreffenden Mitgliedskonto bei eBay gehandelt habe und im Falle einer Vertrags- oder Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommen werden könne.
(tg) - Quelle: PM Nr. 55/2009 des BGH vom 11.03.2009
Zur Sache
Der Beklagte ist bei eBay unter dem Mitgliedsnamen "sound-max" registriert. Im Juni 2003 wurde unter diesem Mitgliedsnamen unter der Ăśberschrift "SSSuper ... Tolle ... Halzband (Cartier Art)" ein Halsband zum Mindestgebot von EUR 30,00 angeboten. In der Beschreibung des angebotenen Artikels hieĂź es unter anderem: "... Halzband, Art Cartier ... Mit kl. Pantere, tupische simwol fon Cartier Haus ...".
Die Klägerinnen haben hierin eine Verletzung ihrer Marke "Cartier", eine Urheberrechtsverletzung sowie einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gesehen und den Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er sei für das beanstandete Angebot nicht verantwortlich, weil seine aus Lettland stammende Ehefrau sein Mitgliedskonto bei eBay ohne sein Wissen zum Verkauf persönlicher Gegenstände benutzt und dabei das Schmuckstück versteigert habe. Landgericht und Oberlandesgericht haben – ohne zu prüfen, ob durch das Angebot des Halsbandes die Rechte der Klägerinnen verletzt worden sind – die Klage abgewiesen, weil der Beklagte, der von dem von seiner Ehefrau in das Internet eingestellten Angebot keine Kenntnis gehabt habe, für etwaige Rechtsverletzungen jedenfalls nicht verantwortlich sei.
Entscheidung des BGH: Der Accountinhaber muss sich das Handeln Dritter zurrechnen lassen und haftet als Täter, wenn er seine Zugangsdaten nicht hinreichend sichert
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Beklagte hafte mangels Vorsatzes für die von seiner Ehefrau möglicherweise begangenen Rechtsverletzungen zwar nicht als Mittäter oder Teilnehmer. Es komme jedoch eine Haftung des Beklagten als Täter einer Schutzrechtsverletzung sowie eines Wettbewerbsverstoßes in Betracht, weil er nicht hinreichend dafür gesorgt habe, dass seine Ehefrau keinen Zugriff auf die Kontrolldaten des Mitgliedskontos erlangte.
Benutze ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskonto gelangt sei, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor dem Zugriff Dritter gesichert habe, müsse der Inhaber des Mitgliedskontos sich so behandeln lassen, als wenn er selbst gehandelt hätte.
Selbständiger Zurechnungsgrund
Der selbständige Zurechnungsgrund für diese Haftung bestehe in der von dem Inhaber des Mitgliedskontos geschaffenen Gefahr einer Unklarheit darüber, wer unter dem betreffenden Mitgliedskonto bei eBay gehandelt habe und im Falle einer Vertrags- oder Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommen werden könne.
(tg) - Quelle: PM Nr. 55/2009 des BGH vom 11.03.2009
Anm. der Redaktion: Vgl. zum Thema auch:
OLG Stuttgart, MIR 2007, Dok. 275 - Störerhaftung bei verliehenem eBay-Account.
Online seit: 11.03.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1899
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Was Sie noch interessieren könnte...
Rechtsmissbrauch bei 240 Abmahnungen in einem Jahr - Unzulässige Serienabmahnung wegen fehlendem Hinweis auf die sogenannte OS-Plattform
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 25.09.2020 - 6 U 57/20, MIR 2020, Dok. 092
Desinfektionsschaum - Zum Verbot der Angaben 'Sanft zur Haut', 'Hautfreundliche Produktlösung als Schaum' und 'Konsumenten sind überzeugt - 100 % bestätigen die Hautverträglichkeit' in der Werbung für ein Biozidprodukt
BGH, Urteil vom 23.01.2025 - I ZR 197/22, MIR 2025, Dok. 011
Nie wieder keine Ahnung! - Zur (fehlenden) Verwechslungsgefahr bei dem gleichen Werktitel fĂĽr zwei unterschiedliche Werke (hier Fernsehbeitrag und Sachbuch)
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 11.01.2022 - 6 W 102/21, MIR 2022, Dok. 012
Informationspflicht zur alternativen Streitbeilegung - Erklärung der Bereitschaft zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle "im Einzelfall" nicht klar und verständlich
BGH, Urteil vom 21.08.2019 - VIII ZR 265/18, MIR 2020, Dok. 010
Minigolf-Anlage - Zur Zulässigkeit der Vernichtung einer Kunstinstallation durch den Gebäudeinhaber
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 006
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 25.09.2020 - 6 U 57/20, MIR 2020, Dok. 092
Desinfektionsschaum - Zum Verbot der Angaben 'Sanft zur Haut', 'Hautfreundliche Produktlösung als Schaum' und 'Konsumenten sind überzeugt - 100 % bestätigen die Hautverträglichkeit' in der Werbung für ein Biozidprodukt
BGH, Urteil vom 23.01.2025 - I ZR 197/22, MIR 2025, Dok. 011
Nie wieder keine Ahnung! - Zur (fehlenden) Verwechslungsgefahr bei dem gleichen Werktitel fĂĽr zwei unterschiedliche Werke (hier Fernsehbeitrag und Sachbuch)
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 11.01.2022 - 6 W 102/21, MIR 2022, Dok. 012
Informationspflicht zur alternativen Streitbeilegung - Erklärung der Bereitschaft zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle "im Einzelfall" nicht klar und verständlich
BGH, Urteil vom 21.08.2019 - VIII ZR 265/18, MIR 2020, Dok. 010
Minigolf-Anlage - Zur Zulässigkeit der Vernichtung einer Kunstinstallation durch den Gebäudeinhaber
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 006