Kurz notiert // Urheberrecht
Bundesgerichtshof
Minigolf-Anlage - Zur Zulässigkeit der Vernichtung einer Kunstinstallation durch den Gebäudeinhaber
BGH, Urteil vom 21.02.2019 - I ZR 15/18; Vorinstanzen: LG Berlin, Urteil vom 03.11.2015 - 16 O 689/13; KG Berlin, Urteil vom 09.08.2017 - 24 U 173/15
MIR 2019, Dok. 006, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21.02.2019 (I ZR 15/18) entschieden, dass die Entfernung und Zerstörung einer in ein Gebäude eingebrachten Kunstinstallation durch den Gebäudeinhaber bzw. -pächter eine "andere Beeinträchtigung" im Sinne von § 14 UrhG darstellt, die in schwerwiegenden Fällen grundsätzlich auch eine Geldentschädigung nach sich ziehen kann. Ob die berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk gefährdet sind, ist demgegenüber im Rahmen einer umfassenden Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks zu ermitteln, so das Gericht.
Zur Sache:
Die Kläger sind bildende Künstler. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 war, betrieb in von ihr gepachteten Räumen im Keller eines Hauses eine Minigolf-Anlage. Die Kläger gestalteten diese Räume mit Farben, die unter Schwarzlicht leuchteten, einer Brunneninstallation im Eingangsbereich sowie einer Sterninstallation.
Die Minigolfanlage wurde im Juli 2010 eröffnet und Ende 2011/Anfang 2012 umgestaltet, wobei die Installationen entfernt und zerstört wurden.
Das Landgericht hat die von den Klägern erhobene Klage auf Schmerzensgeld wegen der Entfernung und Zerstörung der Installationen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger blieb vor dem Kammergericht ohne Erfolg. Das Kammergericht qualifizierte die Installationen zwar als urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten bildenden Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 UrhG. Allerdings sei die Beklagte zu 1 hier wegen § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB als Eigentümerin der Installationen anzusehen, da sie als Pächterin der Räumlichkeiten Besitz an den Installationen gehabt habe. Entsprechend sei die Beklagte zu 1 als Eigentümerin zur vollständigen Vernichtung der Werke berechtigt gewesen. Die vollständige Vernichtung eines Werkes stelle sodann auch keine Entstellung des Werkes dar, die der Urheber nach § 14 UrhG verbieten könne.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Vernichtung eines urheberrechtlichen Werks ist eine "andere Beeinträchtigung" im Sinne von § 14 UrhG
Der Bundesgerichtshof hat das angegriffene Urteil auf die Revision der Kläger aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen.
Die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werks stelle - anders als das Kammergericht gemeint hat - eine "andere Beeinträchtigung" im Sinne des § 14 UrhG dar. Bei der Prüfung, ob die Vernichtung geeignet ist, die berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden, sei eine umfassende Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks vorzunehmen. Diese habe das Kammergericht in der wiedereröffneten Berufungsinstanz nachzuholen. Sofern die Interessenabwägung zugunsten der Kläger ausgehen sollte, wird das Kammergericht weiter zu prüfen haben, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts handelt, die nicht durch andere Weise als durch eine Geldentschädigung ausgeglichen werden kann.
(tg) - Quelle: PM Nr. 018/2019 des BGH vom 21.02.2019 sowie PM Nr. 132/2018 des BGH vom 02.08.2018
Zur Sache:
Die Kläger sind bildende Künstler. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 war, betrieb in von ihr gepachteten Räumen im Keller eines Hauses eine Minigolf-Anlage. Die Kläger gestalteten diese Räume mit Farben, die unter Schwarzlicht leuchteten, einer Brunneninstallation im Eingangsbereich sowie einer Sterninstallation.
Die Minigolfanlage wurde im Juli 2010 eröffnet und Ende 2011/Anfang 2012 umgestaltet, wobei die Installationen entfernt und zerstört wurden.
Das Landgericht hat die von den Klägern erhobene Klage auf Schmerzensgeld wegen der Entfernung und Zerstörung der Installationen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger blieb vor dem Kammergericht ohne Erfolg. Das Kammergericht qualifizierte die Installationen zwar als urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten bildenden Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 UrhG. Allerdings sei die Beklagte zu 1 hier wegen § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB als Eigentümerin der Installationen anzusehen, da sie als Pächterin der Räumlichkeiten Besitz an den Installationen gehabt habe. Entsprechend sei die Beklagte zu 1 als Eigentümerin zur vollständigen Vernichtung der Werke berechtigt gewesen. Die vollständige Vernichtung eines Werkes stelle sodann auch keine Entstellung des Werkes dar, die der Urheber nach § 14 UrhG verbieten könne.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Vernichtung eines urheberrechtlichen Werks ist eine "andere Beeinträchtigung" im Sinne von § 14 UrhG
Der Bundesgerichtshof hat das angegriffene Urteil auf die Revision der Kläger aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen.
Die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werks stelle - anders als das Kammergericht gemeint hat - eine "andere Beeinträchtigung" im Sinne des § 14 UrhG dar. Bei der Prüfung, ob die Vernichtung geeignet ist, die berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden, sei eine umfassende Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks vorzunehmen. Diese habe das Kammergericht in der wiedereröffneten Berufungsinstanz nachzuholen. Sofern die Interessenabwägung zugunsten der Kläger ausgehen sollte, wird das Kammergericht weiter zu prüfen haben, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts handelt, die nicht durch andere Weise als durch eine Geldentschädigung ausgeglichen werden kann.
(tg) - Quelle: PM Nr. 018/2019 des BGH vom 21.02.2019 sowie PM Nr. 132/2018 des BGH vom 02.08.2018
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 21.02.2019
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2911
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