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Rechtsprechung



OLG Celle, Beschluss vom 22.01.2009 - 13 W 135/08

"AllesOderNichts" - Eine erst 10 Wochen nach Kenntnis des zu korrigierenden Artikels in einer täglich erscheinenden Zeitung erhobene Gegendarstellung ist in der Regel nicht mehr "unverzüglich" zugeleitet i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 5 LPG. Zum "AllesOderNichts"-Grundsatz im Presserecht.

ZPO §§ 78 Abs. 5, 571 Abs. 4, 920 Abs. 3; LPG § 11 Abs. 2 Satz 5

Leitsätze:*

1. "Unverzüglich" i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 5 LPG (hier: Niedersächsisches Pressegesetz) bedeutet in Anwendung der Legaldefinition von § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass der Betroffene ohne schuldhaftes Zögern auf den Abdruck einer Gegendarstellung hinzuwirken hat. Da das Gegendarstellungsrecht vom Aktualitätsinteresse geprägt wird (KG KGR 2008, 1879) ist Beschleunigung geboten. Es kann der Pressefreiheit zuwiderlaufen, wenn eine Gegendarstellung so spät veröffentlicht wird, dass der Bezug zu der zu korrigierenden Information nicht mehr für den Leser erkennbar ist (BVerfG 63, 131, 142f.). Ob der Betroffene unverzüglich gehandelt hat, ist ohne Bindung an starre Fristen unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Im Fall einer täglich erscheinenden Zeitung sind an die unverzügliche Geltendmachung einer Gegendarstellung daher strenge Anforderungen zu stellen.

2. Eine erst 10 Wochen nach Kenntnis des zu korrigierenden Artikels in einer täglich erscheinenden Zeitung erhobene Gegendarstellung ist in der Regel nicht mehr "unverzüglich zugeleitet" i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 5 LPG.

3. Im Presserecht gilt der Grundsatz des "AllesOderNichts", wonach ein Gegendarstellungsanspruch bereits dann nicht mehr besteht, wenn auch nur ein Punkt einer mehrgliedrigen Gegendarstellung nicht den Anforderungen der gesetzlichen Regelungen entspricht. Eine allgemeine Bevollmächtigung des angerufenen Gerichts, die Gegendarstellung in der Form anzupassen, dass der der gestellte Gegendarstellungsanspruch begründet ist, unterläuft diesen Grundsatz und ist unzulässig.

4. Ist im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht von Gesetzes wegen eine anwaltliche Vertretung des Antragstellers (etwa im Fall mündlicher Verhandlung) erforderlich, gilt dies auch für das Beschwerdeverfahren (vgl. §§ 78 Abs. 5, 571 Abs. 4 ZPO - hier: Sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung). Da die Einleitung eines Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahrens - sowie bei deren Erlass ohne Widerspruch die Durchführung des gesamten Verfahrens - gemäß § 920 Abs. 3 ZPO ohne anwaltliche Vertretung möglich ist, sprechen Sinn und Zweck dieser Regelung dafür, diese Möglichkeit grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren beizubehalten.

MIR 2009, Dok. 042


Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 22.02.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1883

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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