Rechtsprechung // Kostenrecht
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.10.2021 - 6 U 161/11
Der Novembermann und umfangreiche Schutzrechtsverwarnungen - Zur Berechnung des Gebührenanspruchs für die Abwehr einer teilweise unberechtigten Schutzrechtsverwarnung gegenüber 400 Fachhändlern
RVG §§ 14 Abs. 1, Satz 1, 15; RVG-VV Nr. 2300
Leitsätze:*1. Mahnt ein Patentinhaber 400 Fachhändler wegen einer Patentverletzung mit gleichlautenden Schreiben teilweise unberechtigt ab und treten die Fachhändler ihre Ansprüche wegen der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung an ihren Zulieferer ab, der diese Ansprüche dann durch einen Rechtsanwalt geltend machen lässt, entsteht nicht für jeden abgemahnten Händler ein gesonderter Gebührenanspruch. Vielmehr handelt es sich bei der Wahrnehmung der Rechte der abgemahnten Händler um eine einheitliche Angelegenheit im Sinne von § 15 RVG.
2. Bei der Bemessung der Höhe des Gegenstandswertes kann es nach der Novembermann-Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 06.06.2019 - I ZR 150/18, MIR 2020, Dok. 014 - Der Novembermann) gerechtfertigt sein, für jeden abgemahnten Händler einen Einzelstreitwert anzusetzen und diesen mit der Anzahl der Abmahnungen zu multiplizieren.
3. Anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann (im Anschluss an: BGH, Urteil vom 06.06.2019 - I ZR 150/18, MIR 2020, Dok. 014 - Der Novembermann). Ein einheitlicher Auftrag an einen Rechtsanwalt kann auch dann vorliegen, wenn der Anwalt von mehreren Mandanten beauftragt wird und die Angelegenheit damit mehrere Gegenstände umfasst. Ob der Rechtsanwalt für die verschiedenen Auftraggeber gemeinsam oder für jeden von ihnen gesondert tätig werden sollte, ist durch Auslegung zu ermitteln (BGH, Urteil vom 27.07.2010 - VI ZR 261/09).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.11.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3134
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 28.05.2020 - I ZR 253/16, MIR 2020, Dok. 056
Verstoß gegen Personenbeförderungsgesetz - Untersagung der Fahrdienstvermittlung für Mietwagen durch Uber-App bestätigt
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2021, Dok. 041
Silver Horse/Power Horse - Keine (zulassungsfreie) Rechtsbeschwerde gegen die Unterlassung einer gebotenen Zulassung der Rechtsbeschwerde und Anforderungen an Nichtbenutzungseinrede gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG
BGH, Beschluss vom 01.06.2023 - I ZB 65/22, MIR 2023, Dok. 055
AIDA Kussmund - Die Panoramafreiheit erstreckt sich auch auf nicht ortsfeste Kunstwerke
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 019
Geänderte Werbung und Kerntheorie - Zur Frage, wann eine geänderte Werbung, deren Aussagen weder dem Wortlaut nach noch inhaltlich mit denen des Unterlassungstitels übereinstimmen, in den Kernbereich des Verbots fällt
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10.05.2024 - 6 W 44/24, MIR 2024, Dok. 070