Rechtsprechung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 03.02.2009 - 6 U 58/08
Unbefugte Nutzung von Produktbildern in privaten Internetauktionen - Zur Urheberrechtwidrigkeit der unberechtigten Nutzung professioneller Produktfotos im Rahmen privater Internetauktionen, zur Berechnung des fiktiven Lizenzschadens in solchen Fällen und zur Höhe der erstattungsfähigen Anwaltskosten im Fall einer Abmahnung nach § 97a Abs. 2 UrhG.
UrhG §§ 32, 97 Abs. 1, 97a; ZPO § 287
Leitsätze:*1. Die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM-Empfehlungen) können als Ausgangspunkt für die
richterliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO herangezogen werden. Eine schematische Anwendung der MFM-Empfehlungen
scheidet allerdings aus. Vielmehr sind bei der Bestimmung der Höhe des Schadenersatzes stets die Umstände des Einzelfalls
zu berücksichtigen. Insoweit können Mindesttarife unangemessen hoch sein, wenn die Nutzungsintensität deutlich unterhalb
der Tarifgrenze eines an sich einschlägigen Tarifs liegt.
2. Die MFM-Empfehlungen enthalten keine Honorarempfehlungen für private Nutzer. Ein MFM-Tarif für die
Nutzung eines zu gewerblichen Zwecken hergestellten Fotos für eine (einmalige) Privatnutzung (hier: im Rahmen einer Internetauktion)
existiert nicht.
3. Wird ein professionelles Produktbild einmalig unberechtigt für den privaten Verkauf eines gebrauchten
Gerätes (hier: eines GPS-Empfängers) lediglich für wenige Tage im Rahmen einer Internetauktion verwendet, kann ein Betrag von 20,00 EUR
als angemessene Lizenzgebühr und damit als im Wege der Lizenzanalogie ersatzfähiger Schaden angesehen werden, wenn einem Unternehmen für das Foto
ein Betrag von 92,00 EUR in Rechnung gestellt wurde, wobei dieser Betrag unter dem Aspekt der Verwendung des Fotos über einen langen Zeitraum -
von wenigstens mehreren Monaten - zu zahlen war. Fehlt die namentliche Benennung des Urhebers (Fotografs), ist zudem ein Aufschlag von 100% vorzunehmen.
4. Soweit nach § 97a Abs. 2 UrhG für den Fall einer erstmaligen Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur
unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstattungsfähigen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher
Dienstleistungen auf 100,00 EUR beschränkt werden, liegen diese Voraussetzungen vor, wenn die Rechtsverletzung
- auch für einen geschulten Nichtjuristen - auf der Hand liegt, die Rechtsverletzung unerheblich ist, weil sie sich nach Art und Ausmaß
auf einen eher geringfügigen Eingriff in die Rechte des Rechteinhabers beschränkt und außerdem ein Handeln im reinen Privatbereich gegeben ist.
5. Wird eine strafbewehrte Unterlassungserklärung erst im Prozess erklärt, hat der Unterlassungsschuldner den
durch den Unterlassungsanspruch verursachten Teil der Prozesskosten zu tragen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 13.02.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1877
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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