Rechtsprechung
OLG Köln, Urteil vom 14.11.2008 - 6 U 57/08
Keine Verletzung des Datenbankrechts bei unwesentlichen Übernahmen - Die Übernahme eines in quantitativer Hinsicht nicht wesentlichen Teils von Inhalten einer Datenbank (hier: 1/10) stellt grundsätzlich keine Verletzung der Rechte des Datenbankherstellers dar. Dies gilt auch im Fall systematischer Übernahmen.
UrhG §§ 87a, 87b Abs. 1, 97 Abs. 1
Leitsätze:*1. Investitionen im Sinne von § 87a Abs. 1 UrhG sind die Aufwendungen für die Darstellung des Datenbankinhaltes einschließlich
insbesondere der Kosten für den Erwerb eines erforderlichen Computerprogramms. Die Kosten einer vorgelagerten Tätigkeit, wie die der
Datenerhebung (Datengenerierung), gehören hingegen nicht zu den Investitionen in die Datenbank. Der Schutzzweck der §§ 87a ff. UrhG ist auf
die Datenbank als solche, nicht auf ihren Inhalt gerichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 09.11.2004 - Az. C-203/ 02 - "BHB Pferdewetten"; GRUR 2005, 244).
Die quantitativen Anforderungen sind allerdings gering; lediglich "Allerweltsinvestitionen" in kleine Datenbanken reichen nicht aus um die
Wesentlichkeitsschranke des § 87b Abs. 1 UrhG zu erreichen.
2. Im Rahmen des § 87b Abs. 1 UrhG reicht eine Wesentlichkeit in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht aus (EuGH GRUR 2005, 244 - "BHB-Pferdewetten").
Hierbei ist in quantitativer Hinsicht allein auf das Verhältnis zwischen Umfang der in der Datenbank enthaltenen und der entnommen Daten abzustellen
(vgl. EuGH GRUR 2005, 244 - "BHB-Pferdewetten"). Im qualitativen Sinne ist die Wesentlichkeitsschwelle jedenfalls - aber auch nur dann - überschritten,
wenn sich in dem übernommenen Teil der Datenbank eine wesentliche Investition des Herstellers niederschlägt. In der Übernahme eines quantitativ unwesentlichen
Teils von Daten kann nicht ohne weiteres ein relevanter Eingriff in qualitativer Hinsicht gesehen werden.
3. Die Übernahme von 1/10 des Inhalts einer Datenbank (hier: Internet-Bewertungssystem über Zahnarztleistungen) kann sich insoweit in quantitativer Hinsicht
als unwesentlich darstellen. Die bloße Übernahme von Daten und nicht etwa des Index und des Thesaurus, welche die Struktur der Datenbank ausmachen, ist zudem
nicht geeignet die Wesentlichkeitsschwelle in qualitativer Hinsicht zu überschreiten.
4. Zwar kann die Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen einer Datenbank einen relevanten Eingriff
in die Rechte des Datenbankherstellers i.S.v. § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG darstellen, wenn diese Handlungen systematisch erfolgen und einer normalen
Auswertung der Datenbank zuwider laufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen (hier: bejaht). Allerdings müssen
die insoweit entnommen Daten in der Summe die Wesentlichkeitsgrenze überschreiten (vgl. EuGH GRUR 2005, 244 - "BHB Pferdewetten"; hier: verneint).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 18.01.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1855
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 05.11.2020 - I ZR 204/19, MIR 2021, Dok. 009
VG Bild-Kunst – Die Einbettung eines urheberrechtlich geschützten Werkes im Wege des Framing und unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen diese Technik stellt eine öffentliche Zugänglichmachung für ein neues Publikum dar
EuGH, Urteil vom 09.03.2021 - C-392/19, MIR 2021, Dok. 022
Laufbildschutz - Videoaufnahmen mit dem Smartphone (hier von einem Hochwasserereignis) genießen grundsätzlich urheberrechtlichen Schutz und sind der Verwertung zugänglich
Landgericht Frankfurt a.M., MIR 2025, Dok. 041
Vertragsdokumentengenerator - Zur Frage, ob und wann die Erstellung eines Vertragsentwurfs mithilfe eines digitalen Rechtsdokumentengenerators eine Rechtsdienstleistung in einer konkreten Angelegenheit ist (smartlaw)
BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 113/20, MIR 2021, Dok. 077
Deutscher Balsamico II – Zur Anspielung auf eine geschützte geografische Angabe
BGH, Urteil vom 28.05.2020 - I ZR 253/16, MIR 2020, Dok. 056