Rechtsprechung
OLG Köln, Urteil vom 26.09.2008 - 6 U 111/08
Gehilfenhaftung des Betreibers einer Internet-Auktionsplattform - Ist dem Geschäftsmodell einer Internet-Auktionsplattform die Verwirklichung von Rechtsverstößen immanent muss deren Betreiber für Rechtsverletzungen Dritter unter dem Gesichtspunkt der Gehilfenhaftung einstehen.
UrhG §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, §§ 19a, 44 Abs. 1, Abs. 2, §§ 58 Abs. 1, 97 Abs. 1 Satz 1
Leitsätze:*1. Mit der Veräußerung eines Werkes räumt der Schöpfer dem Erwerber
grundsätzlich kein Nutzungsrecht ein (hier: Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG).
2. Nach § 58 Abs. 1 UrhG ist die öffentliche Zugänglichmachung von zum öffentlichen Verkauf
bestimmten Werken der bildenden Künste durch den Veranstalter zulässig, soweit diese zur Förderung der Veranstaltung (Werbung) erforderlich ist. Im Fall einer
Internetauktion für Kunstwerke deckt diese Regelung zumindest das Einstellen der Abbildung eines Werkes (hier: einer Zeichnung)
in das Internet bis zum Erwerb durch Dritte.
3. § 58 Abs. 1 UrhG berechtigt den Betreiber einer Internet-Auktionsplattform auf der
Kunstwerke "versteigert" werden können bzw. deren Nutzer nicht, Abbildungen von geschützten Werken (an den der Plattformbetreiber bzw. die Nutzer/Verkäufer
Rechte nach § 19a UrhG für sich nicht beanspruchen können) nach Auktionsende länger als eine Woche im Netz zu belassen.
4. Ist dem Geschäftsmodell einer Internet-Auktionsplattform die Verwirklichung von Rechtsverstößen immanent muss
deren Betreiber für Rechtsverletzungen Dritter unter dem Gesichtspunkt der Gehilfenhaftung einstehen (hier: Verletzung des Rechts
der öffentlichen Zugänglichmachung der Schöpfer der Kunstwerke gemäß § 19a UrhG, weil den Veräußerern
der Werke - die in der Regel nicht Rechteinhaber sind - gestattet wird, Abbildungen der Werke länger als eine Woche im
Netz zu belassen).
5. Eine solche Fallkonstellation unterscheidet sich von denjenigen, die den Entscheidungen
"Internetversteigerung I" (BGH, Urteil vom 11.03.2004 - Az. I ZR 304/01 = MIR 2005, Dok. 010),
"Internetversteigerung II" (BGH, Urteil vom 19.04.2007 - Az. I ZR 35/04 = MIR 2007, Dok. 246) und
"jugendgefährdende Schriften bei eBay" (BGH, Urteil vom 12.07.2007 - Az. I ZR 18/04 = MIR 2007, Dok. 325) des BGH
zu Grunde lagen, da sich die Tätigkeit des Plattformbetreibers nicht auf das bloße Zurverfügungstellen einer für sich genommen
nicht zu beanstandenden
Plattform beschränkt, sondern bereits diese so ausgestaltet ist, dass (Urheber-) Rechtsverletzungen seitens
der Nutzer bzw. Anbieter eine wahrscheinliche Folge darstellen. Eine Haftung setzt dann auch nicht erst mit Kontrolle
einzelner Angebote ein und die Frage der Zumutbarkeit einer Überwachung stellt sich bereits nicht.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 13.11.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1804
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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