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Kurz notiert // Wettbewerbsrecht



Oberlandesgericht Frankfurt a.M.

Hatefluencer - Keine wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche zwischen zwei Influencern im Äußerungsstreit

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.07.2025 - 16 U 80/24; Vorinstanz: LG Frankfurt a.M., 06.05.2024 - 2-03 O 155/24

MIR 2025, Dok. 056, Rz. 1


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Äußerungen eines Influencers über eine andere Influencerin können im Fall einer rechtswidrigen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts (äußerungsrechtlich) Unterlassungsansprüche begründen. Wettbewerbliche Unterlassungsansprüche bestehen zwischen den Influencern aber nicht ohne Weiteres. Es habe im vorliegenden Fall weder ein Wettbewerbsverhältnis vorgelegen, noch handele es sich bei den Äußerungen um geschäftliche Handlungen, so das OLG Frankfurt a.M. mit Entscheidung vom 17.07.2025 (16 U 80/24).

Zur Sache

Die Klägerin ist Contentcreatorin/Streamerin und betreibt Accounts auf den Plattformen YouTube, Twitch, Twitter, TikTok und Instagram. In ihren Videos bespricht sie aktuelle politische Themen und setzt sich dabei insbesondere für Frauenrechte, Feminismus und Rechte der LGBTQ-Community ein. Zudem streamt sie Gaming-Content. Der Beklagte ist u.a. Streamer/Influencer und Webvideoproduzent. Er betreibt ebenfalls Accounts auf den genannten Plattformen und macht u.a. Live-Streams auf Twitch und veröffentlicht Videos auf YouTube und Beiträge auf der Plattform X.

In einem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt a.M. wurden dem Beklagten bestimmte Äußerungen über die Klägerin untersagt. Im hiesigen Verfahren wendet sich die Klägerin gegen konkrete Äußerungen des Beklagten über sie in einem YouTube-Video. Das Landgericht hatte dem Unterlassungsantrag teilweise stattgegeben.

Auf die hiergegen von beiden Seiten eingelegten Berufungen hat der für Presserecht zuständige 16. Zivilsenat des OLG Frankfurt a.M. das Urteil teilweise abgeändert.

Entscheidung des Gerichts: Abwägung von Persönlichkeitsrecht und Presse- bzw. Meinungsfreiheit

Die Klägerin könne Unterlassung von Äußerungen wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts verlangen, soweit dieses das Recht des Beklagten auf Presse- bzw. Meinungsfreiheit überwiege. Meinungsäußerungen genössen dabei einen sehr weiten Schutz, die Verbreitung unwahrer Tatsachen dagegen keinen, so das Gericht. Für herabwürdigende Meinungsäußerungen müssten aber gewisse Anhaltspunkte gegeben sein, für die den Beklagten die Beweislast treffe.

Nicht erwiesen wahre Tatsachen

Ausgehend hiervon dürfe der Beklagte etwa nicht weiter äußern, die Klägerin "hetzt Tag ein Tag aus (...)", es sei ihr Geschäftsmodell, "diesen Hass zu verbreiten und dieses Fake News", sie unterstelle anderen Menschen, sie sexuell zu belästigen. Bei diesen Äußerungen handele es sich hier um nicht erwiesen wahre Tatsachen. Als Meinungsäußerung hinnehmen müsse die Klägerin dagegen etwa die Äußerungen des Beklagten, sie verklage ihn, "weil es ihr nicht gefällt, was ich über sie sage (...)"; sie lege ein "mysogenes Verhalten" an den Tag, er halte sie für eine "Hatefluencerin", "sie verbreitet Hass, das ist ihr Content".

Keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche

Auf wettbewerbsrechtlichenAnsprüche könne sich die Klägerin jedoch nicht stützen. Es fehle an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Zwar seien beide "auf dem Streaming-Markt" tätig. Dies genüge jedoch hier nicht für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses. Insoweit sei zu beachten, dass der Beklagte in dem hier gegebenen Kontext weder eigene noch fremde Waren oder Dienstleistungen anpreise. Vielmehr stelle er mit den in diesem Rechtsstreit in Rede stehenden Äußerungen die (Rechts-) Streitigkeiten der Parteien dar, bewerte diese und bitte um Spenden zur Rechtsverteidigung oder bewertet die Beiträge der Klägerin.

Es sei nicht dargelegt, glaubhaft gemacht oder ersichtlich, dass der Vorteil der einen Partei zugleich einen Nachteil der anderen Partei bedeuten würde. Die geführten öffentlichen Auseinandersetzungen beeinträchtigten aber nicht die jeweils andere Partei, sondern dürften die Klickzahlen beider Parteien steigern. Darüber hinaus habe die Klägerin sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht selbst dahingehend eingelassen, dass sie sich mit dem Spielen finanziere und den Rest "ehrenamtlich" mache, mithin nicht unternehmerisch.

Keine geschäftlichen Handlungen

Die Äußerungen stellten zudem keine geschäftlichen Handlungen dar, da sie nicht der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienten, sondern Informations- und Unterhaltungsfunktion hätten. Es handele sich um redaktionelle Beiträge, bei denen kein werblicher Überschuss gegeben sei.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(tg) - Quelle: PM Nr. 45/2025 des OLG Frankfurt a.M. vom 25.07.2025

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 04.08.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3490
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