Rechtsprechung
AG Bonn, Urteil vom 16.08.2007 - 3 C 65/07
Haftung für Anruf Minderjähriger bei Sex-Telefonnummern - Der Telefon-Anschlussinhaber haftet für Telefongespräche eines (auch minderjährigen) Familienmitgliedes grundsätzlich nach den Regeln der Anscheinsvollmacht.
TKV § 16 Abs. 3
Leitsätze:*1. Soweit der Telefonkunde Zweifel an der Höhe der ihm gestellten Rechnung hat, obliegt dem Anbieter
nach § 16 Abs. 3 TKV der entsprechende Nachweis. Für die zutreffende Erfassung der angefallenen
Gebühreneinheiten spricht allerdings der Beweis des ersten Anscheins.
2. Der Telefon-Anschlussinhaber haftet für Telefongespräche eines (auch minderjährigen) Familienmitgliedes grundsätzlich
nach den Regeln der Anscheinsvollmacht (OLG Köln, Urteil vom 30.04.1993 - Az. 19 U 134/92 = NJW-RR 1994, 177).
Es obliegt dem Telefon-Anschlussinhaber, entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen und ggf. auch eine Sperre für bestimmte
Rufnummergassen einzurichten (hier: Auskunftsrufnummern).
3. Auch die Weitervermittlung zu einer erfragten Rufnummer (hier: Sex-Telefonnummer) kann Bestandteil eines (telefonischen)
Auskunftsdienstes sein. Bei Anwahl einer Auskunftsrufnummer ist auch eine Weitervermittlung auf andere Rufnummern
zulässig, wobei eine Einschränkung hinsichtlich des "Service-Typs" der Zielrufnummer nicht besteht.
4. Entsprechend kann auch an Sex-Telefonnummern weitervermittelt werden. Dies allerdings nur soweit die
Kosten für ein solches Telefongespräch mitgeteilt wurden (hier: unstreitig).
5. Sofern der Telefonbetreiber/Telefondiensteanbieter seine gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt, darf er in
der Regel davon ausgehen, dass berechtigte Personen anrufen, denen gegenüber er seine Dienste erbringen kann
(hier: u.a. Vermittlung an eine Sex-Telefonnummer nach Anwahl eines Auskunftsdienstes). Grundsätzlich ist der Anschlussinhaber selbst gehalten, entsprechende Vorkehrung zur Verhinderung von bestimmten Telefonaten zu treffen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 31.08.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1736
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Celle, Beschluss vom 07.03.2023 - 13 W 3/23, MIR 2023, Dok. 028
Teakinvestment - Widerrufsrecht eines deutschen Verbrauchers bei Kauf- und Dienstleistungsverträgen über Teakbäume in Costa Rica mit einem Schweizer Unternehmen
Bundesgerichtshof, MIR 2024, Dok. 039
Paranoid veranlagte Anwaltskollegin - Die Bezeichnung einer Anwaltskollegin als "paranoid veranlagt" und die Beschreibung ihres Verhaltens als "gezeigte paranoide Verhaltensweisen" kann rechtswidrig sein
OLG Köln, Urteil vom 13.04.2022 - 6 U 198/21, MIR 2022, Dok. 037
Ordnungsmittelantrag nicht gelisteter Wirtschaftsverbände - Für die Antragsbefugnis im Ordnungsmittelverfahren kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nF erfüllt sind
BGH, Beschluss vom 21.12.2023 - I ZB 42/23, MIR 2024, Dok. 022
Louboutin - Zur Benutzung eines mit einer fremden Unionsmarke identischen Zeichens durch den Betreiber eines Online-Marktplatzes (Amazon) aufgrund der einheitlichen Präsentation von eigenen und Angeboten Dritter, die dieses Zeichen verwenden
EuGH, Urteil vom 22.12.2022 - C-148/21 und C-184/21, MIR 2023, Dok. 003