Kurz notiert // Heilmittelwerberecht
Oberlandesgericht Frankfurt a.M.
Gutscheinaktion für E-Rezept-Einlösung - Die Auslobung von 10 EUR-Gutscheinen durch eine Versandhandelsapotheke für die Einlösung von E-Rezepten kann gegen das Heilmittelwerbegesetz verstoßen
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15.5.2025 - 6 U 347/24; Vorinstanz: LG Frankfurt a.M. - 3-10 O 134/24
MIR 2025, Dok. 048, Rz. 1
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Die Auslobung von 10 EUR-Gutscheinen für die Einlösung von E-Rezepten, deren Guthaben - zumindest teilweise - auch für den Kauf nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel verwendet werden kann, verstößt gegen das Heilmittelwerbegesetz. Das OLG Frankfurt a.M. wies insoweit die Berufung einer niederländischen Versandhandelsapotheke mit Urteil vom 15.05.2025 (6 U 347/24) zurück.
Zur Sache
Die Klägerin betreibt eine auf gesundheitsbezogene Leistungen ausgerichtete Internet-Plattform. Über ihr Angebot können unter anderem Bestellungen von - auch verschreibungspflichtigen - Arzneimitteln aufgegeben werden. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte bietet einen Versandhandel mit Arzneimitteln an und ist auch für den Vertrieb rezeptpflichtiger Arzneimittel zugelassen. Sie bewarb die Inanspruchnahme ihrer Leistungen mit zwei Gutscheinaktionen: Zum einen wurde bei Einlösung eines E-Kassenrezepts ein 10 EUR-Gutschein ausgelobt. Die Verrechnung sollte zunächst mit der gesetzlichen Zuzahlung und bei einem verbleibenden Restbetrag mit nicht verschreibungspflichtigen Produkten erfolgen. Zum anderen wurde ein 10 EUR-App-Gutschein für die erste Bestellung nicht verschreibungspflichtiger Artikel über ihre App ausgelobt.
Das Landgericht hatte den Anträgen auf Unterlassung der Gutscheinaktionen stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des Gerichts: Produktbezogene Werbung auch bei Werbung für das gesamte Warensortiment - Verstoß gegen § 7 HWG
Die Beklagte verstoße mit dieser Werbung gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG), so das Gericht. Gemäß § 7 HWG sei beim Verkauf von Arzneimitteln unter anderem das Anbieten und Ankündigen von nicht nur geringwertigen Werbegaben unzulässig. Hier liege eine derartige unzulässige produktbezogene Werbung vor. Auch die Werbung für das gesamte Warensortiment einer Apotheke könne produktbezogen im Sinne des HWG sein. "Es gibt keinen Grund, den vom Gesetzgeber im Bereich der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt wird", so das OLG Frankfurt a.M.. Dieses Verständnis sei auch unionsrechtskonform. Grundsätzlich erfasse das Verbot der Werbung für Arzneimittel die Frage, "ob" ein Arzneimittel gekauft werde. Nur die Entscheidung des "wie", d.h. in welcher Apotheke, sei nicht vom Werbeverbot erfasst.
Förderung des Verbrauchs nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel
Der Gutscheinbetrag könne hier in beiden Fällen für den vergünstigten Bezug nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel genutzt werden. Die Werbung fördere damit den Verbrauch nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel.
Keine geringwertige Kleinigkeit - kein Sofortrabatt
Die Gutscheine stellten sogenannte Werbegaben dar. Diese lägen vor, wenn es sich aus der Sicht des Empfängers um ein Geschenk handele. Ihr Wert von EUR 10,00 übersteige auch den Betrag einer "geringwertigen Kleinigkeit", der bei Publikumswerbung mit EUR 1,00 angesetzt werde. Soweit im Handelsverkehr etablierte Sofortrabatte von diesem Verbot ausgenommen werden, liege hier kein derartiger Sofortrabatt vor.
Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
(tg) - Quelle: PM Nr. 37/2025 des OLG Frankfurt a.M. vom 02.07.2025
Zur Sache
Die Klägerin betreibt eine auf gesundheitsbezogene Leistungen ausgerichtete Internet-Plattform. Über ihr Angebot können unter anderem Bestellungen von - auch verschreibungspflichtigen - Arzneimitteln aufgegeben werden. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte bietet einen Versandhandel mit Arzneimitteln an und ist auch für den Vertrieb rezeptpflichtiger Arzneimittel zugelassen. Sie bewarb die Inanspruchnahme ihrer Leistungen mit zwei Gutscheinaktionen: Zum einen wurde bei Einlösung eines E-Kassenrezepts ein 10 EUR-Gutschein ausgelobt. Die Verrechnung sollte zunächst mit der gesetzlichen Zuzahlung und bei einem verbleibenden Restbetrag mit nicht verschreibungspflichtigen Produkten erfolgen. Zum anderen wurde ein 10 EUR-App-Gutschein für die erste Bestellung nicht verschreibungspflichtiger Artikel über ihre App ausgelobt.
Das Landgericht hatte den Anträgen auf Unterlassung der Gutscheinaktionen stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des Gerichts: Produktbezogene Werbung auch bei Werbung für das gesamte Warensortiment - Verstoß gegen § 7 HWG
Die Beklagte verstoße mit dieser Werbung gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG), so das Gericht. Gemäß § 7 HWG sei beim Verkauf von Arzneimitteln unter anderem das Anbieten und Ankündigen von nicht nur geringwertigen Werbegaben unzulässig. Hier liege eine derartige unzulässige produktbezogene Werbung vor. Auch die Werbung für das gesamte Warensortiment einer Apotheke könne produktbezogen im Sinne des HWG sein. "Es gibt keinen Grund, den vom Gesetzgeber im Bereich der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt wird", so das OLG Frankfurt a.M.. Dieses Verständnis sei auch unionsrechtskonform. Grundsätzlich erfasse das Verbot der Werbung für Arzneimittel die Frage, "ob" ein Arzneimittel gekauft werde. Nur die Entscheidung des "wie", d.h. in welcher Apotheke, sei nicht vom Werbeverbot erfasst.
Förderung des Verbrauchs nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel
Der Gutscheinbetrag könne hier in beiden Fällen für den vergünstigten Bezug nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel genutzt werden. Die Werbung fördere damit den Verbrauch nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel.
Keine geringwertige Kleinigkeit - kein Sofortrabatt
Die Gutscheine stellten sogenannte Werbegaben dar. Diese lägen vor, wenn es sich aus der Sicht des Empfängers um ein Geschenk handele. Ihr Wert von EUR 10,00 übersteige auch den Betrag einer "geringwertigen Kleinigkeit", der bei Publikumswerbung mit EUR 1,00 angesetzt werde. Soweit im Handelsverkehr etablierte Sofortrabatte von diesem Verbot ausgenommen werden, liege hier kein derartiger Sofortrabatt vor.
Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
(tg) - Quelle: PM Nr. 37/2025 des OLG Frankfurt a.M. vom 02.07.2025
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 08.07.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3482
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