Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 30.04.2008 - I ZR 73/05
Internetversteigerung III - Zur (Störer-) Haftung eines Internet-Auktionshauses (hier: eBay) für Markenrechtsverletzungen und zur Darlegungs- und Beweislastverteilung zwischen Markeninhaber und Betreiber einer Internet-Plattform.
MarkenG § 14 Abs. 2, Abs. 5; TMG § 10 Satz 1
Leitsätze:*1. Ist zur Beschränkung des zu weit gefassten Unterlassungsantrags auf die darin enthaltene konkrete Verletzungsform
eine Umformulierung des Verbotsantrags notwendig, kann ein entsprechender Hilfsantrag noch in der Revisionsinstanz gestellt
werden, wenn es sich lediglich um eine modifizierte Einschränkung des Hauptantrags handelt und der zugrunde liegende
Sachverhalt vom Tatrichter gewürdigt ist.
2. Der Markeninhaber, der gegen einen Störer (hier: Betreiber einer Internet-Plattform) vorgeht, muss ein Handeln im
geschäftlichen Verkehr derjenigen Personen darlegen und gegebenenfalls beweisen, die gefälschte Markenprodukte auf der
Internet-Plattform anbieten. Hat er einen Sachverhalt dargelegt und bewiesen, der ein Handeln im geschäftlichen Verkehr
nahelegt (hier: mehr als 25 sogenannte Feedbacks bei den Anbietern), kann der Betreiber der Internet-Plattform nach den
Grundsätzen der sekundären Darlegungslast seinerseits gehalten sein, zum Handeln der Anbieter substantiiert vorzutragen,
wenn er ein Handeln im geschäftlichen Verkehr in Abrede stellen will.
3. Das Angebot der vollständigen Nachahmung eines Produkts, an dem die Marke des Originalprodukts angebracht ist,
stellt auch dann eine rechtsverletzende Verwendung der Marke dar, wenn in dem Angebot darauf hingewiesen wird, dass
es sich um eine Produktfälschung handelt.
4. Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne
Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des absoluten Rechts
beiträgt (BGH, Urteil vom 18.10.2001 - Az. I ZR 22/99, WRP 2002, 532 - Meißner Dekor I). Da die Störerhaftung nicht über
Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben,
setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren
Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung
zuzumuten ist (BGHZ 158, 343, 350 - Schöner Wetten; BGH, Urteil vom 09.02.2006 - Az. I ZR 124/03, WRP 2006, 1109 =
MIR 2006, Dok. 117 - Rechtsanwalts-Ranglisten).
5. Wird der Betreiber einer Internet-Handelsplattform auf eine klare (Marken-) Rechtsverletzung durch ein Angebot hingewiesen,
muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren. Er muss auch Vorsorge dafür treffen, dass es möglichst nicht zu
weiteren derartigen Markenverletzungen kommt.
6. Insoweit haftet der Betreiber einer Internet-Handelsplattform allerdings nur, soweit er keine zumutbaren Kontrollmaßnahmen ergreift, während ein Verstoß gegen ein (das) Unterlassungsgebot nicht gegeben ist, wenn schon keine Rechtsverletzungen (hier: Markenverletzungen) vorliegen
oder diese nicht mit zumutbaren Filterverfahren und eventuell anschließender manueller Kontrolle der dadurch
ermittelten Treffer erkennbar sind (vgl. BGHZ 172, 119 = MIR 2007, Dok. 246 -
Internet-Versteigerung II). Dem Störer ist unbenommen in einem Ordnungsmittelverfahren entsprechend vorzutragen. Sind die (Marken-)
Rechtsverletzungen nicht erkennbar, obwohl zumutbare Maßnahmen ergriffen wurden, liegt ein mit Ordnungsmitteln zu ahndender Verstoß
gegen das Unterlassungsgebot mangels Verschulden nicht vor (BGHZ 158, 236, 252 =
MIR 2005, Dok. 010 - Internet-Versteigerung I;
BGHZ 172, 119 = MIR 2007, Dok. 246 -
Internet-Versteigerung II).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 16.06.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1648
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