Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Urteil vom 16.01.2008 - 5 U 148/06
"FRITZCard nur 69,- EUR" - Bei der Bewerbung von Fernabsatzgeschäften im Internet genügt es, dass die Informationen gem. § 1 Abs. 2 PAngV spätestens bis zur konkreten Kaufentscheidung des Verbrauchers erfolgen (hier: wählbare Zusatzoptionen im mehrstufigen Bestellvorgang).
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 1; PAngV § 1 Abs. 2, 6
Leitsätze:*1. § 1 Abs. 2 Preisangabenverordnung (PAngV) ist nach richtlinienkonformer Auslegung auch auf die Bewerbung von
Waren mit Preisen anzuwenden. Die Hinweise nach § 1 Abs. 2 PAngV müssen damit auch bei der Werbung mit Preisen gegeben werden.
2. Im Internethandel genügt es, wenn die Informationen nach § 1 Abs. 2 PAngV leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf
einer gesonderten Seite gegeben werden, die der Internetnutzer bei näherer Befassung mit dem Angebot noch vor Einleitung des
Bestellvorgangs aufrufen muss (BGH, Urteil vom 04.10.2007 - Az. I ZR 143/04 - "Versandkosten" =
MIR 2007, Dok. 412). Soweit
sich die notwendigen Informationen auf derselben Internetseite wie die Preiswerbung befinden, kann es genügen,
wenn diese zwar nicht unmittelbar neben dem Preis der beworbenen Ware stehen, aber durch einen hervorgehobenen
Vermerk (Sternchenfußnote) oder auch auf einer nachgeordneten Seite, unzweideutig (durch einen Link) in Bezug genommen werden.
3. Bei der Bewerbung von Fernabsatzgeschäften im Internet genügt es, dass die Informationen gem. § 1 Abs. 2 PAngV spätestens
bis zu dem Zeitpunk erfolgen, zu dem sich die Kaufentscheidung des Verbrauchers auf eine bestimmte Ware oder Dienstleistung
konkretisiert hat, ohne das es erforderlich ist, dass er bereits ein bindendes Kaufangebot i.S. von § 145 BGB abgegeben hat.
Bei einem mehrstufigen Bestellvorgang mit der Möglichkeit der Auswahl von Zusatzoptionen (hier: Hardwareauswahl "AVM FRITZ! Card"
als optionale Zusatzleistung für DSL-Zugangstarif) ist dies der Zeitpunkt, zu dem sich der Verbraucher für die Zusatzoption
entscheidet (diese auswählt). Wird zu diesem Zeitpunkt der Hinweis auf anfallende Versandkosten (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV)
unzweideutig erteilt liegt kein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 PAngV vor.
4. Soweit der BGH in seiner Entscheidung "Versandkosten"
(BGH, MIR 2007, Dok. 412)
den Zeitpunkt, bis zu dem die Angaben nach § 1 Abs. 2 PAngV gegeben sein müssen, mit der "Einleitung des Bestellvorgangs"
bezeichnet, stellt dies keinen rein formalen Aspekt dar, mit der Folge, dass alle Informationen, die - auch bei
mehrstufigen Bestellvorgängen - alle Informationen, die nach Aufrufen einer mit
"Bestellen", "Bestellung" o.ä. bezeichneten Internetseite gegeben werden, preisangabenrechtlich als verspätete anzusehen wären.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 06.04.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1574
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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