Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 13.11.2007 - VI ZR 269/06
Vorbeugende Unterlassungsklage? - Im Bereich der Bildberichterstattung kann nicht mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage über die konkrete Verletzungsform hinaus eine ähnliche oder "kerngleiche" Bildberichterstattung für die Zukunft verboten werden.
BGB §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 Ah; 1004 Abs. 1 Satz 2; KunstUrhG §§ 22, 23
Leitsätze:*1. Im Bereich der Bildberichterstattung kann nicht mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage über die konkrete
Verletzungsform hinaus eine ähnliche oder "kerngleiche" Bildberichterstattung für die Zukunft verboten werden.
Vielmehr erfordert die Prüfung der Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung ohne Einwilligung des Abgebildeten
in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des
Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre, wobei die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche
Rolle spielen kann.
2. Die Grundsätze, welche die Rechtsprechung zu Unterlassungsklagen insbesondere im wettbewerbsrechtlichen Bereich
zur Verhinderung von Umgehungen des Verbotsausspruchs entwickelt hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom
07.06.2001 - Az. I ZR 115/99 - Jubilämusschnäppchen), lassen sich auf das Recht der Bildberichterstattung nicht übertragen.
Insbesondere kann selbst die erneute Veröffentlichung eines bestimmten Bildes nicht generell verboten werden, weil sich
die Veröffentlichung in einem anderen Kontext als zulässig erweisen könnte. Insoweit kann die - allerdings notwendige -
Interessenabwägung nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen
offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden (vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2004 - Az. VI ZR 217/03). Eine
vorweggenomme Abwägung müsste sich auf Vermutungen stützen. Eine auf "kerngleiche" Verletzungshandlungen beschränkte
"vorbeugende" Unterlassungsklage kann die vielgestaltigen Möglichkeiten insofern nicht erfassen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 25.03.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1563
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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