Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 20.09.2007 - I ZR 171/04
Vergleichende Werbung - Ob in einem Werbevergleich enthaltene Aussagen eine pauschale Abwertung des fremden Erzeugnisses enthalten, ist aufgrund des Gesamtzusammenhangs der Angaben zu beurteilen - "Saugeinlagen".
UWG §§ 3, 5, 6 Abs. 1 und 2 Nr. 5
Leitsätze:*1. Der Begriff der vergleichenden Werbung ist in einem weiten Sinn zu verstehen. Vergleichende Werbung liegt immer
dann vor, wenn eine Äußerung - auch nur mittelbar - auf einen Mitbewerber oder die von ihm angebotenen Waren
oder Dienstleistungen Bezug nimmt (EuGH, Urteil vom 08.04.2003 - Az. C-44/01, Slg. 2003, I-3095 = WRP 2003, 515 - Pippig
Augentropfen/Hartlauer; BGHZ 158, 26, 32 - Genealogie der Düfte). Dabei ist es ohne Belang, ob sich die vergleichende Werbung
an Endverbraucher oder Unternehmer richtet (BGHZ 139, 378, 382, 384 - Vergleichen Sie).
2. Eine Herabsetzung oder Verunglimpfung i.S. von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG setzt mehr voraus als die einem kritischen
Werbevergleich immanente Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile der verglichenen Produkte. Maßgeblich ist,
ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlich gebotenen Erörterung hält oder bereits eine
pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Herabsetzend i.S. von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich
daher nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände
hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen
(BGH, Urteil vom 12.7.2001 - Az. I ZR 89/99, WRP 2001, 1441 - Preisgegenüberstellung im Schaufenster; BGH, Urteil vom
17.1.2002 - Az. I ZR 161/99, WRP 2002, 828 - Hormonersatztherapie).
3. Ob in einem Werbevergleich enthaltene Aussagen eine pauschale Abwertung des fremden Erzeugnisses
enthalten, ist nicht anhand einer isolierten Betrachtung der einzelnen Erklärungen, sondern aufgrund
des Gesamtzusammenhangs der Angaben zu beurteilen.
4. Die Herabsetzung von Produkten in einem Werbevergleich durch eine abträgliche Wortwahl und die irreführende
Darstellung von Gefahren der Produkte wegen Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften sind auch
bei einem identischen Klageantrag unterschiedliche Streitgegenstände.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 18.03.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1553
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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