Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Beschluss vom 11.10.2007 - 14 W 66/07
Streitwert bei E-Mail-Spam 3.000,00 EUR - Im Fall von E-Mail-Spam orientiert sich die Streitwertfestsetzung an dem Interesse des Antragstellers, durch die (unerwünschte) E-Mail-Werbung nicht belästigt zu werden.
ZPO § 3
Leitsätze:*1. Im Fall von E-Mail-Spam orientiert sich die Streitwertfestsetzung an dem Interesse
des Antragstellers, durch die (unerwünschte) E-Mail-Werbung nicht belästigt zu werden
(vgl. BGH, Urteil vom 30.11.2004 - Az. VI ZR 65/04). Dieses Interesse kann zutreffend
mit 3.000,00 EUR zu beziffern sein.
2. Bei der Feststellung dieses Interesses kann es allerdings nicht darauf ankommen, mit
welchen Kosten die Auswirkungen eines potenziellen fortgesetzten rechtswidrigen Handelns
des Werbenden minimiert oder sogar gänzlich vermieden werden können (hier: etwa durch
Rückgriff auf mögliche Kosten für die Installation eines wirksamen Spam-Filter),
3. Entscheidend für die Streitwertbemessung im Fall unerwünschter E-Mail-Werbung ("Spam") ist
vielmehr, welche Interessen des Betroffenen bei Fortsetzung der unerlaubten
Handlungsweise durch den (rechtswidrig) Werbenden beeinträchtigt wären.
4. Das Interesse eines von unerwünschter E-Mail-Werbung Betroffenen erschöpft sich nicht
darin, keine Arbeitszeit mehr für das Aussortieren unerwünschter E-Mails aufwenden zu müssen.
Auch bei einem "Spam-Aufkommen" von ca. 100 Spam-E-Mails pro Tag und der damit verbundenen Gefahr,
versehentlich eine wichtige Nachricht zu löschen - und dadurch etwa einen Haftungsfall
auszulösen - ist zu berücksichtigen, dass dieses Risiko durch jede einzelne unerwünscht zugesandte
Spam-E-Mail hervorgerufen wird. Dass auch andere Absender (außer dem jeweilig in Anspruch Genommenen) zu diesem
Risiko beitragen ist für die Bemessung des Interesses des Betroffenen, nicht mit unerwünschter
E-Mail-Werbung belästigt zu werden unerheblich. Entsprechendes gilt auch für die Erwägung, dass durch
Werbe-E-Mails ein nur begrenzt aufnahmefähiges E-Mail-Postfach "verstopft" werden kann und damit
für mögliche Absender (hier: Mandanten der Antragsteller) nicht mehr erreichbar ist.
5. Wichtiges Indiz für die Bezifferung des verfolgten Interesses sind grundsätzlich die eigenen Angaben
des Verletzten bei Verfahrenseinleitung (vgl. Hanseatisches OLG, Entscheidung vom 18.07.2006 -
Az. 5 W 101/06).
Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 06.12.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1443
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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