Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Urteil vom 27.02.2007 - 7 U 93/05
Abmahnkosten - Bei der Geltendmachung von Anwaltsgebühren aufgrund einer Abmahnung muss der Anspruchsteller nicht beweisen, dass ihm die Gebühren tatsächlich in Rechnung gestellt wurden und beglichen worden sind.
BGB §§ 249, 250, 257, 677, 683, 670; RVG §§ 2, 8, 10, 14; KUG § 23
Leitsätze:*1. Bei der Geltendmachung von Anwaltsgebühren aufgrund einer Abmahnung muss der Anspruchsteller nicht beweisen,
dass ihm die Gebühren tatsächlich in Rechnung gestellt wurden oder von ihm bezahlt worden sind. Das Anwaltshonorar
entsteht aufgrund eines gesetzlichen Gebührentatbestandes, weshalb es nicht darauf ankommt, ob eine Rechnungsstellung
erfolgt ist.
2. Eine Ausnahme von der Entstehung der Anwaltsgebühren kraft Gesetzes kann nur dann gelten, wenn feststeht,
dass eine andere Vereinbarung zwischen Anwalt und Auftraggeber getroffen wurde. Eine solche Honorarvereinbarung
müsste vorsehen, dass die Leistungen des Anwalts nicht oder nur in geringerem Umfang vergütet werden sollen.
3. Für das Vorliegen des Zahlungsanspruchs ist nicht Voraussetzung, dass die Gebührenforderung ausgeglichen wurde.
Sofern die Gebühren noch nicht bezahlt wurden, besteht zwar zunächst nur ein Anspruch des Anspruchstellers auf
Freistellung von den Anwaltsgebühren gem. § 249 BGB, dieser Befreiungsanspruch wandelt sich jedoch gem. § 250 BGB
ohne Setzung einer Frist in einen Zahlungsanspruch, wenn der Gegner eindeutig zu erkennen gibt, dass er die
(weitergehende) Erfüllung ablehne. Dem Grunde nach besteht dann ein Schadensersatzanspruch, da dem berechtigten
Anspruchsteller ein adäquater Schaden dadurch entstanden ist, dass er die Dienste seines Anwalts in Anspruch
genommen hat.
4. Bei drei Fotografien, die zum Teil ganzseitig abgedruckt wurden und in denen prominente Abgebildete in einer
spezifischen Eltern/Kind-Situation gezeigt werden, erscheint ein Streitwert in Höhe von 50.000 Euro nicht zu hoch gegriffen.
5. Ein Rechtsanwalt bestimmt eine angefallene Rahmengebühr i.S.d. § 14 RVG nach billigem Ermessen. Bestimmt der
Rechtsanwalt die Höhe, so übt er sein Ermessen aus, auch wenn er keine Gründe angibt. Wird die festgelegte Gebühr
einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt, so hat das Gericht die Gebührenhöhe anhand der Vorgaben des § 14 RVG
in Verbindung mit dem jeweiligen Tatbestand des Gebührenverzeichnisses auf seine Billigkeit hin zu überprüfen.
Hierbei hat das Gericht zu beachten, dass eine Abweichung von bis zu 20% von dem als billig zu erkennenden Betrag
noch zu tolerieren ist.
6. Die Materie des Kunsturheberrechtsgesetzes (hier: Recht am eigenen Bild) stellt eine Spezialmaterie dar und
setzt besondere Kenntnisse voraus. Für die Bemessung der Rahmengebühr hinsichtlich des besonderen Schwierigkeitsgrades
ist es unerheblich, ob der sachbearbeitende Rechtsanwalt nachweislich von vorneherein über derartige Spezialkenntnisse
verfügt, da das Kriterium der Schwierigkeit nicht an die Person des Rechtsanwaltes anknüpft, sondern vielmehr
abstrakt zu sehen ist. Es kommt auf den objektiven Schwierigkeitsgrad des Falles an.
Bearbeiter: RA Alexander Schultz, LL.M. (Informationsrecht)
Online seit: 23.11.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1431
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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