Rechtsprechung
LG München I, Urteil vom 11.07.2007 - 1HK O 9805/07
LEICHTER LEBEN - Rubriktitel einer Zeitschrift können auch gegenüber Rubriktiteln anderer Zeitschriften Werktitelschutz genießen.
MarkenG §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2
Leitsätze:*1. Die Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Werktiteln ist grundsätzlich niedriger anzusetzen
als die für die Unterscheidungskraft von Marken geltenden Kriterien. Dies gilt insbesondere
bei Zeitungen und Zeitschriften, da der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass diese mit
mehr oder weniger farblosen, lediglich inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen
gekennzeichnet werden.
2. Zwar pflegen Rubriktitel in einer Zeitschrift in ihrer Bezeichnung entsprechend
den jeweiligen Trends in der Gesellschaft zu wechseln und angepasst zu werden. Hieraus lässt sich
jedoch kein Freihaltebedürfnis für einen erkennbar originellen (Rubrik-) Titel ableiten.
3. Unter Berücksichtigung sämtlicher Aspekte sowie der Tatsache, dass die Rechtsprechung
schon für Zeitschrifttitel aus rein beschreibenden Elementen schwache Kennzeichnungskraft annimmt
(vgl. BGH GRUR 2002, 176 "Auto Magazin", OLG Hamburg, GRUR RR 2003, 281, 282) kann ein Rubriktitel (hier: LEICHTER LEBEN)
einen so großen originellen Überschuss über seinen rein beschreibenden Anteil hinaus enthalten,
dass im Rahmen des Werktitelschutzes von jedenfalls durchschnittlicher Unterscheidungskraft ausgegangen werden kann.
4. Nur marginale Abweichungen in der Schreibweise eines Rubriktitels (hier: LEICHTER LEBEN gegenüber Leichter Leben!) sprechen
noch nicht gegen einen Identität der Titelnutzung.
5. Zwar dienen Werktitel i.S.d. § 5 Abs. 3 MarkenG grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen,
so dass sie in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinn geschützt sind
(vgl. etwa BGH GRUR 2000, S. 70, 72 – "Szene" oder BGH 1999, 235, 237 – "Wheels Magazine", jeweils m.w.N.).
Dies kann jedoch im Ergebnis nicht dazu führen, dass der anerkannte Schutz von Rubriktiteln (vgl. bereits RGZ 133, 189, 191 –
"Kunstseiten-Kurier") als Werktitel i.S.v. § 5 Abs. 3 MarkenG (früher § 16 UWG) leerläuft.
In einem Fall, bei dem ein Rubriktitel einer Zeitschrift als Rubriktitel für eine inhaltlich gleiche
Rubrik in einer anderen Zeitschrift übernommen wird, ist bei der Verwechslungsgefahr daher auf einen Vergleich der
beiden Rubriken und nicht auf einen Vergleich der beiden Hefte insgesamt abzustellen. Diese Rubriken stellen
das "Werk" i.S.v. § 5 Abs. 3 MarkenG dar, um deren Schutz es vorliegend geht. Daher ist insbesondere auch die Frage
irrelevant, ob es sich bei dem verletzten Titel bereits um einen bekannten Titel (vgl. BGH GRUR 1999, 235 - "Wheels Magazine")
handelt und aus diesen Gründen auch mittelbare Verwechslungen als relevant einzustufen sind.
Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 24.10.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1405
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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