Rechtsprechung // Urheberrecht
BGH, Urteil vom 20.12.2018 - I ZR 104/17
Museumsfotos - Fotografien von (gemeinfreien) Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken unterfallen regelmäßig dem Lichtbildschutz nach § 72 UrhG
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 14 Abs. 2; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 51 Satz 3, § 72, § 97 Abs. 1 Satz 1, 97a Abs. 3 Satz 1, § 137f Abs. 1 Satz 2; BGB § 249 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 305 Abs. 2 Nr. 1, § 305c Abs. 2, § 307; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:*1. Die Einordnung als Lichtbildwerk oder Lichtbild sind lediglich als unterschiedliche rechtliche Aspekte eines Streitgegenstands zu beurteilen (BGH, Urteil vom 03.11.1999 - I ZR 55/97 - Werbefotos).
2.
a) Stützt der Kläger einen Unterlassungsanspruch sowohl auf den Schutz des Lichtbildwerks nach § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG als auch auf den Lichtbildschutz nach § 72 UrhG, handelt es sich um einen einheitlichen Streitgegenstand (Festhaltung an BGH, Urteil vom 3. November 1999 - I ZR 55/97, GRUR 2000, 317, 318 [juris Rn. 12] = WRP 2000, 203 - Werbefotos).
b) Fotografien von (gemeinfreien) Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken unterfallen regelmäßig dem Lichtbildschutz nach § 72 UrhG.
c) Fertigt der Besucher eines kommunalen Kunstmuseums unter Verstoß gegen das im privatrechtlichen Besichtigungsvertrag mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen wirksam vereinbarte Fotografierverbot Fotografien im Museum ausgestellter Werke an und macht er diese Fotografien im Internet öffentlich zugänglich, kann der Museumsträger als Schadensersatz die Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung im Internet verlangen.
3. Fotografien von gemeinfreien Kunstwerken sind nicht im Wege der teleologischen Reduktion aus dem Anwendungsbereich von § 72 UrhG auszuschließen. Der Lichtbildschutz nach § 72 UrhG hindert auch insoweit die Allgemeinheit nicht an der geistigen Auseinandersetzung mit einem gemeinfreien Werk, weil er lediglich der Vervielfältigung des konkret betroffenen Lichtbilds entgegensteht. Zudem lässt das Zitatrecht nach § 51 Satz 3 UrhG die Nutzung einer Abbildung des zitierten Werkes zum Zwecke des Zitats nach § 51 Satz 1 und 2 UrhG zu, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist (hier: Zitatrecht für das Hochladen in Wikimedia Commons verneint).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 07.02.2019
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2910
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 09.06.2022 - 6 U 232/21, MIR 2022, Dok. 060
Haftung für Adwords-Anzeigen - Bei fehlender Kenntnis der Verknüpfung von einem (fremden) Unternehmenskennzeichen und der Anzeige durch Google kommt nur eine Störerhaftung des Werbenden in Betracht
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19.03.2020 - 6 U 240/19, MIR 2020, Dok. 046
Werbung für mit Pflanzen- und Fruchtextrakten gefärbtes Fruchtgummi mit Hinweis "ohne künstliche Farbstoffe" zulässig
Verwaltungsgericht Freiburg, MIR 2020, Dok. 001
KI-Training - Meta darf Daten aus öffentlich gestellten Nutzerprofilen grundsätzlich verwenden
Oberlandesgericht Köln, MIR 2025, Dok. 039
Business-Aufbau-Coaching - Zur Anwendbarkeit des FernUSG auf einen Coaching-Vertrag (hier verneint)
OLG München, Hinweisbeschluss vom 16.05.2024 - 3 U 984/24 e, MIR 2024, Dok. 068



