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Kurz notiert // Persönlichkeitsrecht



Oberlandesgericht Frankfurt a.M.

Deep-Fake-Werbevideo mit Prominenten - Eine Social-Media-Plattform muss (erst) nach einem Hinweis auf einen rechtsverletzenden Post auch (nur) sinngleiche Inhalte sperren

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.03.2025 - 16 W 10/25; Vorinstanz: LG Frankfurt a.M., 29.11.2024 - 2-03 O 393/24

MIR 2025, Dok. 022, Rz. 1


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Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat mit Beschluss vom 04.03.2025 (16 W 10/25) seine Rechtsprechung zu Prüfpflichten eines Hostproviders im Anschluss an seine Rechtsprechung zum sogenannten "Künast-Meme" fortgeführt. Insoweit müsse ein Hostprovider - hier Meta - nach einem Hinweis auf einen rechtsverletzenden Post auf seiner Social-Media-Plattform (hier: Facebook) auch ohne weitere Hinweise sinngleiche Inhalte sperren. Sinngleich seien etwa Beiträge mit identischem Text und Bild, aber abweichender Gestaltung (Auflösung, Größe/Zuschnitt, Verwendung von Farbfiltern, Einfassung), bloßer Änderung typografischer Zeichen oder Hinzufügung von Elementen etwa sogenannte Captions, welche den Aussagegehalt nicht verändern. Demgegenüber treffen den Hostprovider aber keine grundsätzlichen Sperr- und/oder Löschpflichten. Diese (und damit auch ein Unterlassungsanspruch) setzten stets die Verletzung von Prüf- und Verhaltenspflichten voraus. Dies sei bei nicht sinngleichen Inhalten nicht gegeben.

Zur Sache

Der Kläger (Eckart von Hirschhausen) ist Arzt und bewarb in der Vergangenheit u.a. die sogenannte "Hirschhausen Diät". Er wies die Beklagte in der Vergangenheit mehrfach auf sogenannte Fake-Werbungs-Videos hin, in denen er vermeintlich u.a. für Abnehmmittel werbe.

Gegenstand dieses Eilverfahrens sind zwei weitere solcher Deep-Fake Videos: Nutzer haben zum einen ein Video unter Verwendung eines Ausschnitts aus der Sendung von Markus Lanz hergestellt, in denen der Name, das Bildnis und die Stimme des Klägers verwendet werden und in dem dieser vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme wirbt. Dieses Video entfernte die Beklagte zeitnah nach Abmahnung durch den Kläger. In einem nachfolgend erschienenen, nahezu inhaltsgleichen weiteren Deep-Fake Video warb der Kläger ebenfalls vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme. Dieses Video entfernte die Beklagte ebenfalls - erst - nach entsprechendem Hinweis durch den Kläger. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassen der Verbreitung dieser beiden Videos in Anspruch. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen.

Entscheidung des Oberlandesgerichts: Grundsätzlich keine Prüfungspflicht des Hostproviders vor Veröffentlichung - Verletzung von Prüf- und Verhaltenspflichten erforderlich

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers hatte nun teilweise Erfolg. Hinsichtlich des ersten Videos bestehe kein Unterlassungsanspruch. Die Beklagte sei als Hostproviderin grundsätzlich nicht verpflichtet, von den Nutzern ins Netz gestellte Beiträge vor ihrer Veröffentlichung auf etwaige Rechtsverletzungen hin zu prüfen. Ihre Haftung setze die Verletzung von Prüf- und Verhaltenspflichten voraus. Vor der Abmahnung des Klägers betreffend das erste Video sei die Beklagte nicht zur Löschung verpflichtet gewesen.

Sinngleich oder nicht sinngleich, dass ist hier die Frage! - Keine Löschpflicht aus Hinweisen auf nicht sinngleiche Rechtsverletzungen

Eine Löschpflicht habe sich insbesondere nicht aus den vorausgegangenen Hinweisen des Klägers auf andere, nicht sinngleiche sogenannte Fake-Werbungen ergeben. Grundsätzlich lösten derartige Hinweise nur Prüfpflichten hinsichtlich "sinngleicher Inhalte" aus. Darunter fielen Inhalte, die in Bild und Text identisch, aber bei gleichbleibendem Gesamteindruck etwa abweichend gestaltet seien. Dies könne sich etwa auf die Auflösung, Größe/Zuschnitt, Verwendung von Farbfiltern, Einfassung mit Rahmen oder Zufügung sog. Caption beziehen. Die vorausgegangenen Hinweise des Klägers hätten sich hier jedoch auf in Bild und Text abweichende Inhalte bezogen.

Verstoß gegen Prüfpflichten: Sinngleiche Inhalte bei nur marginalen Unterschieden

Hinsichtlich des zweiten Videos habe die Beklagte dagegen schon aufgrund der Abmahnung des Klägers hinsichtlich des ersten Videos eine Prüfpflicht getroffen. Es habe keiner weiteren Abmahnung bedurft. Das zweite Video unterscheide sich allenfalls marginal vom ersten. Die Videos wirkten - bei voneinander abweichender Überschrift - nahezu identisch, so das Gericht. Es lägen damit sinngleiche Inhalte vor. Da die Beklagte das zweite Video nicht bereits ohne weitere Abmahnung gesperrt habe, habe sie gegen ihre Prüfpflichten verstoßen. Im Ergebnis bestehe daher ein Unterlassungsanspruch.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(tg) - Quelle: PM Nr. 14/2025 des OLG Frankfurt a.M. vom 11.03.2025

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 12.03.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3456
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