Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 01.03.2007 - 4 U 142/06
Google-Spamfilter - Soweit mittels eines Filterprogramms für Suchergebnisse wahrheitsgemäß ein Spamverdacht ermittelt und angezeigt wird, muss ein solcher Spamming-Filter angesichts der Flut von ungerechtfertigten Suchmaschinenmitteilungen zulässig sein.
UWG §§ 3, 4 Nr. 8, 8 Abs. 3 Nr. 1; ZPO § 256
Leitsätze:*1. Nach § 4 Nr. 8 UWG handelt unlauter, wer über Waren, Dienstleistungen oder
das Unternehmen eines Mitbewerbers Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet
sind, den Betrieb oder den Kredit des Unternehmens zu schädigen, sofern die
Tatsachen nicht erweislich wahr sind. Die Vorschrift dient in erster Linie dem
Individualinteresse Gewerbetreibender am Schutz ihres guten Geschäftsrufs.
2. Die Qualifizierung als Spam stellt zunächst das Behaupten oder Verbreiten einer
Tatsache dar. Die Abgrenzung zum Werturteil ist an dieser Stelle insofern von
weichenstellender Bedeutung, als nur Werturteile in vollem Umfang den Schutz
der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 GG genießen (BVerfG WRP 2003, 69, 70). Im
Lauterkeitsfall erfasst die Nr. 8 des § 4 UWG Tatsachenbehauptungen, die Nr. 7
hingegen Werturteile. Für die Qualifikation einer Äußerung als Tatsachenbehauptung
kommt es entscheidend darauf an, ob diese einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit
nach den Kriterien von "richtig" oder "falsch" mit den Mitteln des Beweises
zugänglich ist (BGH GRUR 1997, 396, 398 – Polizeichef).
3. Die Markierung suchmaschinen-manipulierter Seiten als "Spam" durch einen Filtersoftware für
Google-Suchergebnisse stellt zumindest auch überprüfbare Tatsachen und nicht bloße wertende
Beurteilungen dar. Das Kriterium einer potentiell unzulässigen Suchmaschinenbeeinflussung ist gemessen
an den Google-Richtlinien objektivierbar und überprüfbar.
Jedenfalls dann, wenn eine Filtersoftware für Suchmaschinenergenisse nur als Filter für die
Google-Suchmaschine dient, sind Maßstab für die Begriffsdefinition und für die Beurteilung
als Spam die Regeln des Suchmaschinenanbieters Google.
4. Soweit mittels eines Filterprogramms (hier: zur Identifizierung von Suchmaschinenergebnissen bzw. Rankings
von Webseiten in den Suchergebnissen von Google, die mittels den Google-Richtlinien widersprechenden Techniken wie Doorway-Pages,
Cloaking, Keyword-Stuffing etc. erlangt wurden) wahrheitsgemäß ein Spamverdacht ermittelt und angezeigt wird,
muss ein solcher Spamming-Filter angesichts der Flut von ungerechtfertigten Suchmaschinenmitteilungen
auch aus Gründen des Verbraucherschutzes allgemein zulässig sein. Der Verbraucher und die Allgemeinheit
haben grundsätzlich ein legitimes Interesse daran, Spam, den man nicht primär gesucht hat, mit Hilfe einer
entsprechenden Technik auszufiltern.
5. Eine Abmahnung sowie ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen
eines Unterlassungsbegehrens können gerade erst das Rechtsschutzinteresse für
eine negative Feststellungsklage (§ 256 ZPO) begründen (vgl. BGH NJW 1986, 1815)
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 17.06.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1260
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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