Rechtsprechung
LG Köln, Urteil vom 09.02.2007 - 81 O 174/06
Google AdWords - Die Nennung eines kennzeichenrechtlich geschützten Begriffes zur Platzierung einer AdWord-Werbung für mit denen des Markeninhabers identischen Waren stellt eine Verwendung der betreffenden Marke in kennzeichenmäßiger Form dar.
MarkenG §§ 4, 14 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:*1. Meta-Tags dienen dazu, den Nutzer das Gesuchte finden zu lassen, sodass bei
der Recherche z.B. nach einer Marke eines Rechteinhabers das Angebot z.B. eines
Mitbewerbers, der den gesuchten Begriff in den Meta-Tags seiner Webseite verwendet,
dem Suchenden als dasjenige des Rechteinhabers erscheinen muss.
Die fremde Marke wird von dem Verletzer dort - wenn auch nicht auf den ersten
Blick sichtbar – in einen Zusammenhang gestellt, der gegenüber den umworbenen
Verkehrskreisen auf den unberechtigten Verwender hindeutet. Demgegenüber wird im
Fall einer AdWord-Werbung der betreffende Begriff (die Marke) (nur) einem Dritten
gegenüber - der nicht zur Zielgruppe gehört - und lediglich als Anweisung zur Platzierung
der Anzeige eingesetzt.
2. Der zwar im Tatsächlichen durchaus deutliche Unterschied zwischen der Platzierung
kennzeichenrechtlich geschützter Begriffe in Meta-Tags einerseits und innherhalb eine
AdWord-Werbung andererseits wirkt sich im Ergebnis
bei der Bewertung des Verhaltens nicht aus, denn rechtlich macht es keinen Unterschied,
ob sich die Anweisung aus technischen Gründen im engeren Zusammenhang mit der
Anzeige befindet - etwa im Quelltext wie im Fall der Meta-Tags oder in einem vergleichbaren "Versteck" -
oder ob sie von einem Dritten ausgeführt wird und es deshalb gar nicht mehr erforderlich
ist, die fragliche Kennzeichnung im engeren Umfeld der Anzeige zu führen, um dasselbe Ziel zu erreichen.
3. Entscheidend für die Frage, ob die Nennung eines kennzeichenrechtlich geschützten
Begriffes zur Platzierung einer AdWord-Werbung (hier: bei Google) für mit denen des Markeninhabers identischen Waren eine Verwendung der betreffenden Marke
in kennzeichenmäßiger Form darstellt, ist, ob der Verletzer die Werbewirksamkeit der Marke und/oder
des Firmenschlagwortes des Rechteinhabers benutzt, um sich und seine Produkte dem Verbraucher zu präsentieren
und die Nennung des betreffenden Begriffes ohne die Vorleistung des Rechteinhabers für den Verletzer
ohne jedes Interesse gewesen wäre. Denn dieser Umstand zeigt, dass sich der Verletzer einer
der Kernfunktionen der Marke - des Herkunftshinweises und des durch eigene Leistung des Rechteinhabers aufgebauten
Rufes der Kennzeichnung - bedient und diese Rechtsgüter für den Absatz der (hier identischen) eigenen
Waren ausbeutet. Auf die Eignung zu Verwechselungen und/oder Irreführungen kommt es in einem solchen Fall nicht mehr an.
4. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr eines Zeichens mit einer geschützten Marke durch die
Verwendung dieses Zeichens im Rahmen einer AdWords-Werbung bei einer Internet-Suchmaschine wie Google reicht die
bloße Möglichkeit einer Fehlleitung der Verbraucher als angesprochene Verkehrskreise
i.S.d. § 14 Abs. II Nr. 2 MarkenG aus. Denn auch im Fall einer solchen AdWord-Werbung erscheinen die
Anzeigen als eine Art Ergebnis der jeweilige Suchanfrage und es besteht die Gefahr, dass der Verbraucher
sich allein wegen seiner falschen Annahme näher mit diesen befasst.
Nach hiesigen Informationen ist die Entscheidung nicht rechtskräftig. Vgl. zum Thema das Urteil des BGH in Sachen "Impuls" vom 18.05.2006 - Az. I ZR 183/03 = MIR 2006, Dok. 196.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 28.05.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1232
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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