Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 28.07.2022 - I ZR 205/20
Servicepauschale - Ein (unzulässiges) zusätzliches Zahlungsmittelentgelt wird verlangt, wenn der angezeigte Preis nur für die Zahlung mit nicht gängigen Kreditkarten erhältlich ist und bei Auswahl anderer Zahlungsmittel eine sog. Servicepauschale anfällt
UWG § 3a; BGB § 312a Abs. 4 Nr. 1, § 312k Abs. 1 Satz 2
Leitsätze:*1. Ein Unternehmer, der Flugbuchungen im Internet anbietet, verlangt ein zusätzliches Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels, wenn bei den von ihm vorgegebenen Einstellungen zunächst ein Preis angezeigt wird, der nur für den Fall der Zahlung mit bestimmten, nicht im Sinne des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB gängigen Kreditkarten erhältlich ist, und bei Auswahl anderer Zahlungsmittel eine zusätzliche "Servicepauschale" anfällt (Fortführung von BGH, Urteil vom 24. August 2021 - X ZR 23/20, WRP 2021, 1600).
2. § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG dar.
Anm. der Redaktion: Das Berufungsgericht hatte hier die weiteren von der Beklagten akzeptierten Zahlungsmöglichkeiten als nicht unentgeltlich im Sinne des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB angesehen, weil die von ihr erhobene Servicepauschale ein verdecktes Zahlungsmittelentgelt darstelle. Zur Begründung habe das Berufungsgericht ausgeführt, auch die Erhebung eines verdeckten Zahlungsmittelentgelts verstoße wegen des Umgehungsverbots in § 312k Abs. 1 Satz 2 BGB gegen § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB. Werde insoweit ein erhöhtes Entgelt - unabhängig von seiner Bezeichnung - nur bei Zahlung mit bestimmten Zahlungsmitteln erhoben, müsse der Verbraucher davon ausgehen, dass es wegen der Benutzung dieser Zahlungsmittel anfalle. Das gelte auch dann, wenn - wie hier - mehrere Entgeltbestandteile abhängig von der Wahl des Zahlungsmittels seien (vgl. Rz. 31). Diese Würdigung des Berufungsgerichts stehe auch im Einklang mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.08.2021 (X ZR 23/20, WRP 2021, 1600). In dem dortigen Verfahren ging es unter vergleichbaren Umständen um eine als "ServiceFee" erhobene und bezeichnete Gebühr. (RA Thomas Ch. Gramespacher, Bonn)
Download: Entscheidungsvolltext PDF
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 07.09.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3207
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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