Rechtsprechung
LG Düsseldorf, Urteil vom 25.04.2007 - Az. 12 O 194/06
"Kirchennachrichten: Geistliche vs. geistige Schöpfung?" - Texten, die sich auf die Wiedergabe tatsächlicher Geschehnisse beschränken, sich aus der Natur der Sache ergeben und durch Üblichkeit und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte vorgegeben sind, kommt ein Urheberrechtschutz nicht zu.
UrhG §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 49 Abs. 2
Leitsätze:*1. Die für die Zubilligung des Urheberrechtsschutzes
erforderliche Gestaltungshöhe erfordert, dass eine schöpferische Eigenheit gleich welchen
Grades an dem jeweiligen Ergebnis der menschlichen Tätigkeit festgestellt werden kann.
Schutzfähig sind Schriftwerke letztlich nur bei einer eigenschöpferischen Gedankenformung
und –führung des dargestellten Inhalts oder der besonders geistvollen Form und Art
der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes
(vgl. BGH GRUR 1984, 659, 660 – Ausschreibungsunterlagen).
2. Texte (Schriftwerke), die sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe tatsächlicher Geschehnisse beschränken, sich
mehr oder weniger aus der Natur der Sache – die eine Beschreibung von Vorkommnissen
und die Wiedergabe bestimmter Äußerungen Dritter oder Vorgänge erfordert – ergeben und in ihrer
ganzen Darstellung durch Üblichkeit und Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte vorgegeben sind, kommt ein
Urheberrechtschutz gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG nicht zu, da sie das Kriterium der
persönlich-geistigen Schöpfung nicht erfüllen. (hier: Die Gestaltung von Nachrichten tatsächlichen Inhalts
zu religiösen bzw. kirchlichen Fragen, die den Rahmen des Üblichen in diesem Bereich nicht sprengen und
gerade nicht Ausdruck einer eigenschöpferischen, eigentümlichen Gedankengestaltung sind).
3. Bei der Übernahme von Textpassagen müssen diese ihrerseits die Anforderungen an die
urheberrechtliche Schutzfähigkeit einer sprachlichen Gestaltung erfüllen, d.h. die konkret
entlehnte Textpassage muss für sich selbst eine persönliche geistige Schöpfung darstellen (vgl.
BGH GRUR 1981, 352, 355 - Staatsexamensarbeit).
4. Der Anwendungsbereich des § 49 Abs. 2 UrhG ist nicht eröffnet, wenn die Nachrichten tatsächlichen
Inhalts urheberrechtlich nicht schutzfähig sind. Denn die Bestimmung ist nur für den Fall anwendbar, dass
es grundsätzlich denkbar ist, dass auch (die betroffenen) Nachrichten tatsächlichen Inhalts
aufgrund besonderer Formulierung, Stil oder Diktion urheberrechtlich geschützt sind.
MIR 2007, Dok. 191
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 16.05.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/693
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