Rechtsprechung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 4.04.2007 - Az. 7 U 175/06
Zur Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen durch einschlägig tätige Fachverbände und zur Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Abschlussschreibens im einstweiligen Verfügungsverfahren.
UWG § 12 Abs. 1 Satz 2; UKlaG § 5
Leitsätze:*1. Die Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, die die in der Rechtsprechung entwickelten
Grundsätze über die Erstattung von Abmahnkosten nach den Regeln der Geschäftsführung
ohne Auftrag nachvollziehen soll, eröffnet die Erstattung von Rechtsanwaltkosten, wenn
und soweit sie für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung erforderlich sind. Daran
fehlt es regelmäßig in einfach gelagerten Fällen.
2. Einschlägig tätigen Fachverbände (hier: Verbraucherschutzverband) sind insoweit gehalten,
sich zur Erfüllung der Verbandszwecke selbst mit den notwendigen Mitteln zu versehen
und typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße selbst abzumahnen.
Sie dürfen allerdings dann einen Rechtsanwalt beauftragen, wenn auf eine - erste - Abmahnung
der andere Teil nicht oder nur unzureichend reagiert; in solchen Fällen ist die Inanspruchnahme
anwaltlicher Hilfe eine adäquate und im Rahmen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige.
3. Geht es lediglich um die Frage der Erforderlichkeit von Aufwendungen, kann dahinstehen,
ob die Herbeiführung einer Abschlusserklärung, d.h. eines Prozessvertrags, durch den die Entscheidung
im einstweiligen Rechtschutz zur endgültigen Entscheidung erhoben wird, in analoger Anwendung
dieser Regelung (so Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 12 UWG, Rn. 1.78, 3.70)
oder allein nach den Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche
Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 43, Rn. 30) zu behandeln ist. Denn sowohl § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG
als auch §§ 683 Satz 1, 670 BGB setzen voraus, dass die Aufwendungen erforderlich gewesen sind (hier verneint).
4. In einfach gelagerten Fällen, in denen die Abfassung und Versendung eines Abschlussschreibens
ein reines Routinegeschäft ist und keine schwierigen Rechtsfragen aufwirft, hat der
jeweilige Anspruchsteller die Abfassung und Versendung selbst vorzunehmen und darf eine
Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe nicht für erforderlich halten.
MIR 2007, Dok. 167
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 01.05.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/669
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