Rechtsprechung
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 21.03.2007 - Az. 6 W 27/07
Unternehmerpflichten beim Verkauf einer privaten Post-Stempelsammlung über eBay? - Zur Abgrenzung von privater und gewerblicher Verkaufstätigkeit auf einer Internet-Handelsplattform.
BGB § 14; UWG § 2 I Nr. 1
Leitsätze:*1. Unternehmer ist nach der Legaldefinition des § 14 BGB eine Person, die bei Abschluss
eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen
Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt ein selbständiges und planmäßiges, auf
eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus
(vgl. BGH, Urteil vom 29.03.2006 – VIII ZR 173/05 = BGHZ 167, 40 ff. =
MIR Dok. 79-2006),
wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist.
2. Bei der Frage, welches Maß an Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeit die Verkaufstätigkeit
insoweit erreichen muss, ist auch die Funktion der Abgrenzung zwischen privater und
gewerblicher Tätigkeit zu beachten. Das Gesetz erlegt dem Unternehmer deshalb die
Beachtung der für ihn geltenden besonderen Vorschriften des Wettbewerbsrechts und
des sonstigen Zivilrechts, insbesondere über Belehrungs- und Informationspflichten,
auf, weil die Tätigkeit des Unternehmers von vornherein auf die Vornahme einer Vielzahl
von Geschäften ausgerichtet ist. Damit ist einerseits ein erhöhtes Schutzbedürfnis auf
Seiten der anderen Marktteilnehmer verbunden; andererseits versetzt die bei ihm vorhandene
Betriebsorganisation den Unternehmer auch in die Lage, sich auf die besonderen Anforderungen
einzustellen.
3. Eine Verkaufstätigkeit über die elektronische Handelsplattform eBay ist regelmäßig
als gewerblich einzustufen, wenn der Anbieter als "PowerSeller" registriert ist
(vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 27.07.2004 – 6 W 54/04 = GRUR 2004, 1042, Beschluss vom
22.12.2004 – 6 W 153/04 = GRUR-RR 2005, 319, 320).
4. Die (freiwillige) Registrierung als "PowerSeller" ist jedoch umgekehrt keine notwendige
Voraussetzung für die Bewertung einer Internet-Verkaufstätigkeit als unternehmerisch. Diese
Einstufung kann sich vielmehr auch aus anderen Umständen des Einzelfalls ergeben, wobei der Dauer
und dem Umfang der Verkaufstätigkeit wesentliche Bedeutung zukommt (hier: Stückweise, dauernder Verkauf
einer weit über 100.000 Stück umfassenden Post-Stempelsammlung - Der Antragsgegner tätigte binnen eines
Jahres 484 - bewertete - Geschäfte über eBay durchweg als Verkäufer, wobei er ca. 20-30 Stempel pro Woche einstellte.
Zudem betrieb er einen beworbenen eBay-Shop. Zeitweise wurde auf einmal 369 Artikel angeboten).
4. Allein der Umstand, dass Artikel bei einem Internet-Verkauf aus einem privaten Bestand entnommen werden (hier:
privaten Sammlung "postgeschichtlicher Belege"), sie also nicht zuvor eingekauft werden, ändert an der Gewerblichkeit
einer (Verkaufs-)
Zwar spricht das Merkmal des Weiterverkaufs in der Abgrenzung zu privaten Gelegenheitsverkäufen für eine
gewerbliche Tätigkeit, während Verkäufe aus einem privaten Bestand eher dem nicht unternehmerischen Bereich zuzuordnen
sein werden. Gleichwohl ist der Einkauf (oder ggf. die Herstellung) von Verkaufswaren nicht konstitutives Element des
Unternehmerbegriffs. Bei Verkäufen aus Privatvermögen wird es häufig an dem Merkmal einer auf Dauer angelegten
wirtschaftlichen Betätigung fehlen.
5. Auch bei dem Verkauf aus Privatvermögen (-beständen) kann eine auf Dauer angelegte, wirtschaftliche Betätigung
vorliegen, wenn die kontinuierliche Verkaufstätigkeit sich über einen langen Zeitraum (hier: mehr als ein Jahr) erstreckt.
MIR 2007, Dok. 135
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 10.04.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/637
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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