Rechtsprechung
LG München I, Urteil vom 27.02.2007 - Az. 9HK O 17901/06
NEU.de ./. NEU.eu - Zwischen zwei Bild- bzw. Wort/Bildmarken in Form einer Internetdomain, bei der die Top-Level-Domain und nicht die Second-Level-Domain den einzig prägenden Bestandteil darstellt, besteht keine Verwechslungsgefahr.
MarkenG § 8 Abs. 2; UWG § 4 Nr. 10; Verordnung (EG) Nr. 874/2004 vom 28. April 2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktionen der Domäne oberster Stufe ".eu" und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung
Leitsätze:*1. Der Wortbestandteil "neu" hat keinerlei Unterscheidungskraft. Es handelt sich hierbei
um ein ganz normales Wort - einen ganz allgemein beschreibenden Begriff - der deutschen
Sprache, für das gem. § 8 Abs. 2 MarkenG ein Freihaltebedürfnis besteht. Demgemäß kann
eine Eintragung als Marke bei derartigen Begriffen nur mit Zusätzen (hier: "de" und "eu")
und/oder darüber hinaus lediglich als Wort-/Bildmarke, bzw. nur als Bildmarke erfolgen.
2. Zwischen zwei Bild- bzw. Wort/Bildmarken in Form einer Internetdomain (hier: NEU.de bzw. NEU.eu), bei der
die Top-Level-Domain (hier: .de, .eu) und nicht die Second-Level-Domain (hier: NEU) den einzig prägenden Bestandteil
darstellt, besteht keine Verwechslungsgefahr, wenn die jeweiligen Top-Level-Domains eine Verwechslung
nicht besorgen lassen.
3. Die Benutzung beschreibender Domain-Namen - generischer Domains - stellt im Hinblick
auf die freie Wählbarkeit der Domain-Namen keine wettbewerbswidrige Behinderung dar und kann einen
(Unterlassungs-) Anspruch wegen Behinderungswettbwerb nicht begründen.
Dieses liegt schon daran, dass die auf diese Weise „abgelenkten“ Kunden bisher noch
keinem Wettbewerber zuzurechnen waren. Darüber hinaus kennt der typische Internetbenutzer
die Vor- und Nachteile der Direkteingabe von Gattungsbegriffen.
4. Ein (Unterlassungs-) Anspruch aus Art. 21 der Verordnung Nr. 874/2004 setzt voraus, dass
Rechte nach nationalen oder gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen bestehen, d.h. die nach
nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind. (Art. 21 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 874/2004).
MIR 2007, Dok. 132
Artikel 21
Spekulative und missbräuchliche Registrierung
(1) Ein Domänenname wird aufgrund eines außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfahrens widerrufen, wenn er mit einem anderen Namen identisch ist oder diesem verwirrend ähnelt, für den Rechte bestehen, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind, darunter die in Artikel 10 Absatz 1 genannten Rechte, und wenn dieser Domänenname
a) von einem Domäneninhaber registriert wurde, der selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an diesem Domänennamen geltend machen kann, oder
b) in böser Absicht registriert oder benutzt wird.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 07.04.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/634
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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