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LG München I, Urteil vom 15.03.2007 - Az. 7 O 7061/06
Oracle ./. usedSoft - Der Erwerber von beschränkten, nicht weiter abtretbaren Nutzungsrechten kann diese nicht außerhalb dieser Rechte an Dritte weiterübertragen und darf Dritte nicht ermuntern, sich die Software vom Hersteller herunterzuladen.
UrhG §§ 17 Abs. 2, 69c Nr. 3; BGB § 307 Abs. 1 S.1
Leitsätze:*1. Erklärt ein Anbieter von Software in seinen Lizenzbestimmungen, dass an der per
Download überlassenen Software nur einfache, nicht weiter abtretbare Nutzungsrechte
eingeräumt werden, so stellt dies eine zulässige, dinglich wirkende Beschränkung der
eingeräumten Nutzungsbefugnis dar.
2. Selbst dann, wenn eine die übertragenen Nutzungsrechte beschränkende Klausel in
dem Lizenzvertrag zwischen Softwarehersteller und Erwerber unwirksam wäre (hier: zu Unrecht vorgebracht nach
gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB), hätte diese nur die schuldrechtliche Unwirksamkeit der Klausel zur Folge, nicht
aber die Übertragung von mehr dinglichen Rechten an den Erwerber. Denn eine Einigung zwischen Softwarehersteller
und Erwerber kommt auch dann nur hinsichtlich eines nicht weiter übertragbaren Nutzungsrechts zustande, da eine
weitergehende Einigung auch bei Unwirksamkeit der Klausel nicht stattgefunden hätte.
3. Der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz (vgl. § 69c Nr. 3 UrhG, § 17 Abs. 2 UrhG),
der es dem Hersteller verbietet, den Weiterverkauf einmal in Verkehr gebrachter körperlicher
Datenträger zu untersagen, greift bei Lizenzen, die nur zum Download von Software berechtigen, nicht.
Insbesondere kommt eine analoge Anwendung nicht in Betracht. Bei einer online, im Wege des Downloads
übertragenen Software handelt es sich nicht um ein "materielles Vervielfältigungsstück eines Werkes". Zudem
ist die Online-Übertragung im Rahmen eines Lizenzvertrages mit dem Fall der Übergabe eines körperlichen
Vervielfältigungsstücks nicht vergleichbar. Es ist Zweck des Erschöpfungsgrundsatzes, die
Verkehrsfähigkeit von mit Zustimmung des Urhebers in Verkehr gebrachten Waren sicherzustellen. Demgegenüber besteht
bei vom Nutzer selbst hergestellten Vervielfältigungsstücken kein vergleichbares Bedürfnis nach "Erhaltung" der
Verkehrsfähigkeit. Zweck des Erschöpfungsgrundsatzes ist es nicht, das Werk an sich verkehrsfähig zu machen, sondern
die Verkehrsfähigkeit eines im Verkehr befindlichen Werkstücks zu erhalten. Zudem kann eine Erschöpfung
grundsätzlich nur hinsichtlich des Verbreitungsrechts, nicht jedoch hinsichtlich des Vervielfältigungsrechts
eintreten (BGH GRUR 2001, 51, 53 - Parfumflakon).
Schließlich spricht auch die Gefahr der Aufspaltung der Lizenzrechte gegen eine Ausdehnung des Erschöpfungsgrundsatzes.
Wenn ein Ersterwerber einen Teil der von ihm erworbenen Lizenzrechte für eine bestimmte Anzahl von Usern - die er
nicht mehr benötigt - veräußern möchte, würden dadurch nunmehr auch Teile von, im Rahmen einer Softwareüberlassung und
einer einheitlichen Lizenz eingeräumten, Nutzungsrechten verkehrsfähig.
4. Der Erwerber von beschränkten, nicht weiter abtretbaren Nutzungsrechten kann diese nicht
außerhalb dieser Rechte an Dritte weiterübertragen und darf Dritte nicht ermuntern,
sich die Software vom Hersteller herunterzuladen.
MIR 2007, Dok. 129
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 07.04.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/631
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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