Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 31.08.2006 - Az. 4 U 124/06
Wegfall der Dringlichkeit im einstweiligen Rechtschutz - Wenn der Antragsteller ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lässt, macht er deutlich, dass ihm die vorläufige Regelung doch nicht so eilig ist.
UWG § 3, § 4 Nr. 11, § 8, § 12 Abs. 2; BGB § 312 d Abs. 1
Leitsätze:*1. Grundsätzlich ist die Vermutung der Dringlichkeit dann widerlegt, wenn der
Antragsteller durch sein Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass es ihm doch
nicht so eilig war, die begehrte einstweilige Verfügung zu erlangen. Das ist
zunächst der Fall, wenn er vor der Antragstellung längere Zeit zuwartet, obwohl
er vom Wettbewerbsverstoß und von der Person des Störers in ausreichender Weise
Kenntnis erlangt hat.
2. Wenn der Antragsteller (hier: vor Erlass einer einstweiligen Verfügung) ein
Versäumnisurteil gegen sich ergehen lässt, macht er durch dieses spätere Prozessverhalten
regelmäßig deutlich, dass ihm die vorläufige Regelung doch nicht so eilig ist; mit
der Folge, dass die Vermutung der Dringlichkeit widerlegt ist.
3. Selbst dann, wenn der Antragssteller ein Versäumnisurteil im einstweiligen
Verfügungsverfahren nicht etwa aus prozesstaktischen Gründen hat ergehen lassen, sondern
vielmehr etwa ein Büroversehen vorliegt, ändert dies nichts daran, dass ein
Nichterscheinen im Termin und ein Versäumnisurteil gegen den Antragssteller auf besondere Weise
die fehlende Dringlichkeit im Hinblick auf die begehrte Verfügung deutlich macht. Dies gilt
jedenfalls dann wenn ein Büroversehen vermeidbar gewesen wäre und der Antragsteller bzw. dessen
Prozessbevollmächtigte nach Kenntniserlangung hätten Maßnahmen versuchen oder ergreifen können,
die eine Vertagung bzw. die Säumnis hätten vermeiden können (z.B. kurzfristige Beauftragung
eines Rechtsanwalts vor Ort).
MIR 2007, Dok. 119
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 31.03.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/621
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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