Rechtsprechung
OLG Naumburg, Beschluss vom 12.10.2006 - Az. 10 W 65/06
Unterlassungstitel & Kerntheorie - Nur wenn eine - mittels Unterlassungstitel verbotene - werbliche Maßnahme so verändert wird, dass sich deren Gesamteindruck bezogen auf den Kern des Verbots ändert, unterfällt die Änderung nicht mehr dem Verbotskern des Titels.
HWG § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 3
Leitsätze:*1. Unter dem Tenor eines Unterlassungstitels fallen nicht nur identische Handlungen, sondern auch solche, die von dem
wettbewerbswidrigen Kern der verbotenen Handlung nur geringfügig abweichen, ihr also praktisch gleichwertig sind, weil
es sonst mühelos möglich wäre, den Titel zu unterlaufen. Eine Ausdehnung des Schutzbereichs des Titels auf solche
Wettbewerbshandlungen, die der verbotenen Handlung (aber im Kern) lediglich ähnlich sind, ist dagegen nach der Natur des
Vollstreckungsverfahrens nicht möglich.
2. Im Rahmen von Unterlassungstiteln, die eine konkrete Wettbewerbshandlung verbieten, führt die lediglich
kosmetische Veränderungen der konkreten Verletzungsform, die Gegenstand des Verbots ist, aber den Gesamteindruck der
verbotenen Werbung nicht berührt, nicht aus dem Kernbereich des Verbots heraus.
3. Nur wenn eine - mittels Unterlassungstitel verbotene - werbliche Maßnahme so verändert wird, dass sich deren Gesamteindruck
bezogen auf den Kern des Verbots ändert, unterfällt die Änderung nicht mehr dem Verbotskern des Titels. Dies gilt auch dann,
wenn die abgeänderte Form selbst wettbewerbswidrig ist.
4. Die Wettbewerbswidrigkeit einer solchen Änderung der konkreten Verletzungsform, die Gegenstand eines titulierten Unterlassungsgebots
ist, kann nur in einem neuen Erkenntnisverfahren, nicht aber in der Zwangsvollstreckung (des ursprünglichen/ersten Titels) geprüft
werden (vgl. OLG Hamburg, GRUR 1990. 637).
MIR 2007, Dok. 096
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 12.03.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/598
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 15.06.2021 - VI ZR 576/19, MIR 2021, Dok. 056
Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für Erlass einer einstweiligen Verfügung - Zur Nachfragepflicht des Gläubigers über den Umfang einer nach erfolgter Abmahnung abgegebenen Unterlassungserklärung
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 31.03.2022 - 6 W 11/22, MIR 2022, Dok. 038
Irrtümlich angeordnet - Rechtzeitige Vollziehung einer stattgebenden, auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung mit angeordneter Sicherheitsleistung
OLG Nürnberg, Urteil vom 21.12.2021 - 3 U 3716/21, MIR 2022, Dok. 004
Ein-Stern-Bewertung - Die Bewertung eines Mitbewerbers mit einem von fünf möglichen Sternen bei Google ohne erkennbaren Grund (hier lediglich beruflicher Kontakt) kann ein pauschal herabsetzendes Werturteil i.S.v. § 4 Nr. 1 UWG darstellen
OLG Köln, Teilurteil vom 23.12.2022 - 6 U 83/22, MIR 2023, Dok. 010
Anwalts-Blog - Kein Unterlassungs- aber Nachtragsanspruch bei einem nicht mehr aktuellem Bericht auf der Homepage eines Rechtsanwalts
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2023, Dok. 007