Rechtsprechung
LG Bonn, Urteil vom 9.01.2007 - Az. 11 O 74/06
Unrichtigte Bestätigungsschreiben - Die Zusendung von Bestätigungsschreiben bezüglich der Einwilligung in Konzernwerbung stellt eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG dar, wenn eine solche Einwilligung tatsächlich nicht erteilt wurde.
UWG § 4 Nr. 1, § 7 Abs. 1
Leitsätze:*1. Das Zusenden unrichtiger Bestätigungsschreiben (der in Wahrheit nicht erteilten Einwilligung in Werbung, Marktforschung
sowie Kundenberatung) stellt eine Wettbewerbshandlung dar, die geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher zu
beeinträchtigen (§ 4 Nr. 1 UWG).
2. Durch den Inhalt eines solchen Schreibens wird suggeriert, der Verbraucher habe bereits die
Einwilligung fernmündlich erklärt, und dem Adressaten wird der Eindruck vermittelt, er habe nichts weiter hinsichtlich des
Einverständnisses mit der Konzernwerbung zu entscheiden (Der deklaratorische Charakter des Schreibens wurde hier mit der
Wendung bestätigt: "Das von Ihnen erteilte Einverständnis beinhaltet ..."). Gleichwohl erreicht der durch ein solches
Bestätigungsschreiben ausgeübte Druck nicht die in § 4 Nr. 1 UWG vorausgesetzte Intensität. Denn die Rationalität der
Verbraucherentscheidung tritt jedenfalls dann nicht völlig in den Hintergrund, wenn die Zusendung des Bestätigungsschreibens
zwar dazu führt, dass der Verbraucher aktiv werden muss (um sich gegen dieses zu wehren), ihm aber gleichwohl die Möglichkeit
offen steht, das suggerierte Einverständnis jederzeit zu widerrufen und insoweit seine Entscheidungsfreiheit zu behaupten.
3. Die Zusendung von Bestätigungsschreiben über in Wirklichkeit nicht erteilte Einverständniserklärungen in Konzernwerbung
belastet deren Empfänger mit Zeitaufwand und Kosten und stellt damit eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG dar.
4. Hat ein Verbraucher (im Vorfeld eines Bestätigungsschreibens in Konzernwerbung und Unternehmenskommunikationsmaßnahmen) ein telefonisches
Einverständnis nicht erklärt, wird ihm die Bestätigung aufgedrängt. Wegen des damit verbundenen Eingriffs in die Entscheidungsfreiheit
des Verbrauchers kann dies als störend empfunden werden und "unzumutbar" sein. Denn "Unzumutbar" im Sinne von § 7 Abs. 1 UWG
ist ein Verhalten, das einen Marktteilnehmer mit finanziellen Aufwendungen belastet oder seine Privatsphäre etwa durch
ungerechtfertigte Inanspruchnahme seiner Zeit beeinträchtigt (Reaktion, Anrufe, Rücksendungen, Porto etc.).
MIR 2007, Dok. 069
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 14.02.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/571
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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