Kurz notiert
Landgericht Frankfurt a.M.
Die Hompagewerbung für eine selbständige Tätigkeit Angehöriger zahnärztlicher Assistenzberufe im Bereich Zahnreinigung und Zahnweißung ist nicht wettbewerbswidrig. - "Bleaching" ist keine Ausübung von Zahnheilkunde.
LG Frankfurt, Urteil vom 29.09.2006 - Az. 3-12 O 205/06
MIR 2007, Dok. 059, Rz. 1
1
Die Durchführung von Zahnweißung (sog. "Bleaching") ist nicht Zahnärzten vorbehalten, sondern kann auch von Angehörigen
zahnärztlicher Assistenzberufe vorgenommen werden. Es handelt sich dabei nicht um die Ausübung von Zahnheilkunde.
Die Hompagewerbung für eine selbständige Tätigkeit Angehöriger zahnärztlicher Assistenzberufe im Bereich Zahnreinigung und
Zahnweißung ist damit auch nicht unlauter und wettbewerbswidrig.
Dies hat die 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Frankfurt am Main am 29.09.2006 im Rahmen eines einstweilige Verfügungsverfahrens (Aktenzeichen: 3-12 O 205/06) entschieden.
Zur Sache
Der Antragsgegner ist approbierter Zahnarzt und leitet eine Zahnarztpraxis. Darüber hinaus betreibt er ein so genanntes T. Esthetic Center. Dort arbeitet eine zahnärztliche Assistentin.
In seinem Internetauftritt warb der Antragsgegner für verschiedene Leistungen, unter anderem mit der Aufhellung der Zähne durch Auftragen eines Carbamidperoxidgels (Bleaching). Auf der Eingangsseite des Internetauftritts des Antragsgegners fand sich graphisch hervorgehoben ein als Link ausgestalteter Schriftkasten. Er war überschrieben mit "Dentalhygieniker/-in und ZMF: Machen Sie sich selbständig mit Ihrem eigenen T Esthetics Center". In dem Kasten wurden die angesprochenen Berufsgruppen dazu aufgefordert, sich bei der Antragsgegnerin zu 2) zu bewerben, um sich "im lukrativen Wachstumsmarkt für Bleaching und Zahnreinigung" unter professioneller zahnärztlicher Betreuung durch Gründung eines eigenen "T. Esthetics Center" selbständig zu machen.
Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner die Unterlassung der Aussagen in diesem Schriftkasten, weil er dadurch Personen, die nicht als approbierte Zahnärzte zugelassen sind, in unlauterer Weise zur Ausübung von durch das Zahnheilkundegesetz dem Zahnarzt vorbehaltenen Tätigkeiten verleite.
Entscheidung des Gerichts: Kein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG
Diesem Begehren der Antragstellerin ist die 12. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt nicht gefolgt.
Die Kammer führt in ihrer Entscheidung aus:
"... soweit der Antrag die Unterlassung des Verleitens Angehöriger zahnärztlicher Assistenzberufe zum selbständigen Zahnreinigen und Zahnweißen betrifft, ist er unbegründet. Zwar bewerben die Antragsgegner auf ihrer Homepage die selbständige Ausführung dieser Tätigkeiten durch diese Personengruppen. Dies ist jedoch zulässig, da beide Tätigkeiten nicht als Ausübung der Zahnheilkunde i.S.d. § 1 Abs. 3 ZHG anzusehen sind, weil sie nicht die Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- oder Kieferkrankheiten betreffen. Es fehlt daher an einem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.
a) In der dem Weißen vorausgehenden Zahnreinigung ist keine zahnheilkundliche Tätigkeit zu sehen.
Die Zahnreinigung ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Aufhellung der Zähne. Eine solche kosmetische Reinigung greift nur in verhältnismäßig geringem Maße in die körperliche Integrität der betreffenden Person ein. ... Auch wird die Reinigung nicht zu Diagnosezwecken, also zur Feststellung einer Zahnerkrankung durchgeführt.
b) Gleiches gilt für das Aufhellen der Zähne durch das Aufbringen von Carbamidperoxidgel. Zahnverfärbungen selbst stellen keine Zahnkrankheit dar, da sie keine von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 3 ZHG, sondern medizinisch unproblematische Veränderungen darstellen. ... Zahnverfärbungen sind durchaus der Norm entsprechend, strahlend weiße Zähne hingegen nicht. Damit ist auch die Beseitigung von Verfärbungen durch Aufhellen nicht als Ausübung von Zahnheilkunde einzuordnen.
Der Vorgang der Zahnweißung ist auch nicht mit gesundheitlichen Risiken verbunden, denen zufolge das Bleaching der Ausübung der Zahnheilkunde gleichgestellt werden müsste oder einer ständigen Überwachung durch den Zahnarzt bedürfte ...
Es ist jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, dass der Kunde durch die Zahnweißung selbst unmittelbar Schaden nehmen kann. Damit eine Tätigkeit, die nicht Heilbehandlung ist, dem (Zahn-)Arzt vorbehalten werden oder unter ärztliche Aufsicht gestellt werden muss, müssen ihre Auswirkungen auf die körperliche Integrität des Betroffenen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten und ärztliches Fachwissen erfordern. ... Zwar können beim Auftragen und Einwirken des Gels leichte Reizungen des Zahnfleisches und eine vorübergehende Sensibilisierung der Zähne auftreten, diese sind jedoch nicht so erheblich, dass sie einen dem approbierten Zahnarzt vorbehaltenen Eingriff in die körperliche Integrität darstellten ( ... ). Die Kunden können ein solches Gel frei käuflich erwerben und auch jederzeit zu Hause selbst auftragen.
... Auch die Tatsache, dass manche Zahnverfärbungen unter Umständen Rückschlüsse auf eine andere Erkrankung zulassen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es ist grundsätzlich dem allgemeinen Lebensrisiko jedes Einzelnen zuzuordnen, wenn eine Erkrankung aufgrund einer kosmetischen Behandlung, die selbst keine medizinischen Kenntnisse voraussetzt, unentdeckt bleibt. Die Situation stellt sich im vorliegenden Fall kaum anders dar als etwa die Verkennung von Krankheiten aufgrund intensiver Bräunung der Haut durch den regelmäßigen Besuch eines Sonnenstudios oder die Überdeckung kranker Hautstellen durch den Gang zur Kosmetikerin ..."
Die Entscheidug ist rechtkräftig.
(tg) - Quelle: PM des LG Frankfurt Nr. 1/07 vom 12.02.2007
Zur Sache
Der Antragsgegner ist approbierter Zahnarzt und leitet eine Zahnarztpraxis. Darüber hinaus betreibt er ein so genanntes T. Esthetic Center. Dort arbeitet eine zahnärztliche Assistentin.
In seinem Internetauftritt warb der Antragsgegner für verschiedene Leistungen, unter anderem mit der Aufhellung der Zähne durch Auftragen eines Carbamidperoxidgels (Bleaching). Auf der Eingangsseite des Internetauftritts des Antragsgegners fand sich graphisch hervorgehoben ein als Link ausgestalteter Schriftkasten. Er war überschrieben mit "Dentalhygieniker/-in und ZMF: Machen Sie sich selbständig mit Ihrem eigenen T Esthetics Center". In dem Kasten wurden die angesprochenen Berufsgruppen dazu aufgefordert, sich bei der Antragsgegnerin zu 2) zu bewerben, um sich "im lukrativen Wachstumsmarkt für Bleaching und Zahnreinigung" unter professioneller zahnärztlicher Betreuung durch Gründung eines eigenen "T. Esthetics Center" selbständig zu machen.
Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner die Unterlassung der Aussagen in diesem Schriftkasten, weil er dadurch Personen, die nicht als approbierte Zahnärzte zugelassen sind, in unlauterer Weise zur Ausübung von durch das Zahnheilkundegesetz dem Zahnarzt vorbehaltenen Tätigkeiten verleite.
Entscheidung des Gerichts: Kein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG
Diesem Begehren der Antragstellerin ist die 12. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt nicht gefolgt.
Die Kammer führt in ihrer Entscheidung aus:
"... soweit der Antrag die Unterlassung des Verleitens Angehöriger zahnärztlicher Assistenzberufe zum selbständigen Zahnreinigen und Zahnweißen betrifft, ist er unbegründet. Zwar bewerben die Antragsgegner auf ihrer Homepage die selbständige Ausführung dieser Tätigkeiten durch diese Personengruppen. Dies ist jedoch zulässig, da beide Tätigkeiten nicht als Ausübung der Zahnheilkunde i.S.d. § 1 Abs. 3 ZHG anzusehen sind, weil sie nicht die Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- oder Kieferkrankheiten betreffen. Es fehlt daher an einem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.
a) In der dem Weißen vorausgehenden Zahnreinigung ist keine zahnheilkundliche Tätigkeit zu sehen.
Die Zahnreinigung ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Aufhellung der Zähne. Eine solche kosmetische Reinigung greift nur in verhältnismäßig geringem Maße in die körperliche Integrität der betreffenden Person ein. ... Auch wird die Reinigung nicht zu Diagnosezwecken, also zur Feststellung einer Zahnerkrankung durchgeführt.
b) Gleiches gilt für das Aufhellen der Zähne durch das Aufbringen von Carbamidperoxidgel. Zahnverfärbungen selbst stellen keine Zahnkrankheit dar, da sie keine von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 3 ZHG, sondern medizinisch unproblematische Veränderungen darstellen. ... Zahnverfärbungen sind durchaus der Norm entsprechend, strahlend weiße Zähne hingegen nicht. Damit ist auch die Beseitigung von Verfärbungen durch Aufhellen nicht als Ausübung von Zahnheilkunde einzuordnen.
Der Vorgang der Zahnweißung ist auch nicht mit gesundheitlichen Risiken verbunden, denen zufolge das Bleaching der Ausübung der Zahnheilkunde gleichgestellt werden müsste oder einer ständigen Überwachung durch den Zahnarzt bedürfte ...
Es ist jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, dass der Kunde durch die Zahnweißung selbst unmittelbar Schaden nehmen kann. Damit eine Tätigkeit, die nicht Heilbehandlung ist, dem (Zahn-)Arzt vorbehalten werden oder unter ärztliche Aufsicht gestellt werden muss, müssen ihre Auswirkungen auf die körperliche Integrität des Betroffenen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten und ärztliches Fachwissen erfordern. ... Zwar können beim Auftragen und Einwirken des Gels leichte Reizungen des Zahnfleisches und eine vorübergehende Sensibilisierung der Zähne auftreten, diese sind jedoch nicht so erheblich, dass sie einen dem approbierten Zahnarzt vorbehaltenen Eingriff in die körperliche Integrität darstellten ( ... ). Die Kunden können ein solches Gel frei käuflich erwerben und auch jederzeit zu Hause selbst auftragen.
... Auch die Tatsache, dass manche Zahnverfärbungen unter Umständen Rückschlüsse auf eine andere Erkrankung zulassen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es ist grundsätzlich dem allgemeinen Lebensrisiko jedes Einzelnen zuzuordnen, wenn eine Erkrankung aufgrund einer kosmetischen Behandlung, die selbst keine medizinischen Kenntnisse voraussetzt, unentdeckt bleibt. Die Situation stellt sich im vorliegenden Fall kaum anders dar als etwa die Verkennung von Krankheiten aufgrund intensiver Bräunung der Haut durch den regelmäßigen Besuch eines Sonnenstudios oder die Überdeckung kranker Hautstellen durch den Gang zur Kosmetikerin ..."
Die Entscheidug ist rechtkräftig.
(tg) - Quelle: PM des LG Frankfurt Nr. 1/07 vom 12.02.2007
Online seit: 12.02.2007
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