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Rechtsprechung



LG Köln, Beschluss vom 18.10.2006 - Az. 28 O 364/06

Passwortmanager und Störerhaftung - Als Störer kann derjenige haften, der Dritten (hier: Kinder als Mitglieder des Haushalts) die Benutzung seines Computers und seines Internetzugang und damit die Verbreitung von rechtswidrigen Äußerungen in einem Internetforum ermöglicht.

BGB § 823, § 1004

Leitsätze:*

1. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder als Störer für eine begangene Rechtsverletzung, der - ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Allerdings setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Handlungs- oder Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Handlung bzw. Prüfung zuzumuten ist. Dabei wird die Störerhaftung Dritter durch Zumutbarkeitserwägungen eingegrenzt, wobei sich die Art und der Umfang der gebotenen Kontrollmaßnahmen nach Treu und Glauben bestimmen. Es besteht ferner eine Verpflichtung, bereits im Vorfeld einer Rechtsverletzung geeignete Vorkehrungen zu treffen, durch welche Rechtsverletzungen so weit wie möglich verhindert werden, wobei sich allerdings auch diese Vorkehrungen wiederum im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen zu halten haben.

2. Als Störer kann derjenige haften, der Dritten (hier: Kinder als Mitglieder des Haushalts) die Benutzung seines Computers und seines Internetzugang und damit die Verbreitung von rechtswidrigen Äußerungen in einem Internetforum ermöglicht.

3. Dies gilt jedenfalls soweit der in Anspruch Genommene durch Nichteinhaltung auch nur eines Mindestmaßes an Sicherheitsvorkehrungen Dritten (hier: seinen Kindern) den Zugang zu einem Internetforum unter seinem Account ermöglicht (hier: entweder durch die Weitergabe von Nutzernamen und Passwort durch eigene Handlungen oder eine derartige Speicherung des Nutzernamens und des Passworts im Computer, dass bereits bei Eingabe des Nutzernamens im Rahmen des Einloggvorgangs das Passwort automatisch hinzugefügt wird - etwa durch den Passwortmanager des Internetbrowsers). Denn dann stellt sich das Verhalten des Unterlassungsschuldners als willentlicher Beitrag dar, durch den er adäquat kausal an den begangenen Rechtsverletzungen mitgewirkt hat.

4. Die von einem Unterlassungsschuldner abgegebenen Absichtserklärungen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sind i.d.R. mangels Strafbewehrung nicht geeignet, die Widerholungsgefahr auszuräumen. Gleiches gilt (hier: im Rahmen der mittelbaren Störerhaftung) für eine Erklärung der Missbilligung einer rechtswidrigen Äußerung. Ebenfalls kann sich der Unterlassungschuldner auch nicht darauf zurückziehen, dass er sich außerstande gesehen habe, die von dem Unterlassungsgläubiger vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärung zu unterzeichnen, weil diese aus seiner Sicht mit unzumutbaren Bedingungen verknüpft ist. Denn die Wiederholungsgefahr ist für den Unterlassungsanspruch materielle Anspruchvoraussetzung und wird durch die festgestellte Rechtsverletzung vermutet Sie kann nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden. Es steht dem Unterlassungsschuldner allerdings ohne weiteres frei, die von ihm gewünschte Modifikation der Unterlassungserklärung vorzunehmen und außergerichtlich eine inhaltlich nach seinen Wünschen gestaltete strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Dann liegt es nämlich an dem Unterlassungsgläubiger, zu erklären, ob er diese Unterlassungsverpflichtungserklärung des Verfügungsbeklagten annimmt oder nicht. Ob eine derartige Unterlassungserklärung ausreichend ist, ist sodann der gerichtlichen Überprüfung unterworfen.

MIR 2006, Dok. 273


Download: Entscheidungsvolltext PDF


Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 20.12.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/491

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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