Rechtsprechung
LG München I, Urteil vom 15.11.2006 - Az. 21 O 506/05
Stadtpläne auf Internetseiten - Das Einstellen und die unberechtigte Nutzung eines Stadtplanes ("Stadtplangrafik") im Internet macht den Betreiber wegen schuldhafter Verletzung der Verwendungsrechte des Urhebers schadenersatzpflichtig.
UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2, § 15, § 19a, § 97a; BGB § 831
Leitsätze:*1. Das Einstellen und die unberechtigte Nutzung eines Stadtplanes ("Stadtplangrafik") im Internet macht den Betreiber wegen schuldhafter Verletzung der Verwendungsrechte des Urhebers gem. §§ 97 Abs. 1, 15, 19a UrhG schadenersatzpflichtig.
2. Ein Stadtplan genügt den Anforderungen an eine urheberrechtlich schutzfähige Darstellung wissenschaftlicher oder technischer
Art im Sinne des § 2 I Nr. 7 UrhG und ist daher urheberrechtlich geschützt. Denn Stadtpläne und Landkarten genießen als Darstellungen
wissenschaftlich-technischer Art gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG Urheberrechtsschutz, wenn es sich um persönliche geistige Schöpfungen
im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG handelt. Die schöpferische Eigentümlichkeit einer Karte kann sich dabei bereits daraus ergeben,
dass die Karte nach ihrer Konzeption von einer individuellen kartographischen Darstellungsweise geprägt ist, die sie zu
einer in sich geschlossenen eigentümlichen Darstellung des betreffenden Gebiets macht.
3. Bei Karten können urheberrechtlich bedeutsame schöpferische Züge in der Gesamtkonzeption liegen, mit der durch die
individuelle Auswahl des Dargestellten und die Kombination von - meist bekannten - Methoden (z. B. bei der Generalisierung)
und von Darstellungsmitteln (z. B. bei der Farbgebung, Beschriftung oder Symbolgebung) ein eigentümliches Kartenbild gestaltet worden ist.
4. Die Entfernung eines rechtsverletzenden Inhalts beseitigt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zum gewerblichen
Rechtsschutz und Urheberrecht die Wiederholungsgefahr nicht; diese kann vielmehr nur durch Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung ausgeräumt werden.
5. Der Betreiber einer Internetseite hat auch dann, wenn er die Gestaltung der jeweiligen Seite in die Hände eines Dritten
gelegt hat, die eigenen Inhalte auf dieser Seite auf mögliche Verletzungen fremder Urheberrechte zu untersuchen.
Im Übrigen kommt hier eine Haftung des Betreibers nach § 831 BGB in Betracht.
Die bloße Behauptung, etwa der Webmaster des Betreibers habe eine Karte ("Stadtplangrafik") nicht von deren Website des jeweiligen
Urheberrechtsinhabers, sondern von einem anderen (ungenannt gebliebenen) Ort heruntergeladen, genügt insoweit zur Exkulpation nicht,
da jeder Nutzer fremder Inhalte selbst für die Prüfung verantwortlich ist, ob er hierfür die nötigen Rechte besitzt.
6. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, welcher Betrag bei vertraglicher Einräumung
ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der
Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten. Die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie läuft auf eine Fiktion eines
Lizenzvertrages der im Verkehr üblichen Art heraus.
MIR 2006, Dok. 253
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 04.12.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/471
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2025, Dok. 024
Anti-Kater-Mineralstoff-Tabletten - Die Bewerbung von Mineralstoff-Tabletten mit der Angabe "Anti-Kater" ist unzulässig
OLG Frankfurt a.M., Versaumnisurteil vom 14.11.2024 - 6 UKl 1/24, MIR 2025, Dok. 001
Premiummineralwasser in Bio-Qualität muss von Natur aus unbehandelt und praktisch rein sein
Oberlandesgricht Frankfurt a.M., MIR 2021, Dok. 036
Irreführung durch eigenen Bericht in "Presseschau" - Von einer Presseschau erwartet der Verkehr eine Zusammenstellung von Berichten unabhängiger Presseorgane
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.04.2022 - 6 W 8/22, MIR 2022, Dok. 040
LGA geprüft - Zu den Anforderungen an die Werbung mit einem Prüfzeichen oder mit einer, dem Informationsgehalt nach einem Prüfzeichen entsprechenden Angabe
OLG Bremen, Beschluss vom 24.01.2024 - 2 U 60/23, MIR 2024, Dok. 030



