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Rechtsprechung



OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.06.2006 - Az. 1 U 625/05 - 216

"Preisschaukel" und "Mondpreise" - Zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung einer Rabattaktion (hier: einer Heimwerkermarktkette)

UWG § 3, § 5 Abs. 4

Leitsätze:*

1. Unter einer "Preisschaukel" versteht man das systematische, willkürliche Herauf- und Heruntersetzen von Preisen zur Verschleierung von sogenannten "Mondpreisen", die ernsthaft nicht gefordert werden. Eine Irreführung der Verbraucher kommt hier dann in Betracht, wenn der frühere höhere Altpreis nicht, nicht ernsthaft, insbesondere aber nicht über einen längeren Zeitraum oder nicht in letzter Zeit verlangt worden ist oder wenn überhöhte Preise angesetzt worden sind, um eine Preissenkung vorzutäuschen, oder wenn sonst über das Ausmaß der Preissenkung irregeführt wird. Bei der Beantwortung der Frage, ob der als herabgesetzt bezeichnete Preis nicht mehr als Vergleichswert geeignet ist, weil er "nicht in letzter Zeit" verlangt worden ist, ist auf die Verkehrsauffassung abzustellen (Bezug: BGH GRUR 2000, 337).

2. § 5 Abs. 4 UWG bezieht sich nicht nur auf den Zeitpunkt unmittelbar vor dem angeblich wettbewerbswidrigen Verhalten. Zudem ist von einer Erwartung des Verkehrs, dass der auch nur kurzfristig geltende Sonderpreis rabattiert werden müsste, nicht auszugehen.

3. Nach § 3 UWG sind nur Wettbewerbsverstöße relevant, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmern nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen (Bagatellgrenze). Hierbei hat im Streitfall der Verletzte die Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich die Voraussetzungen der Erheblichkeit ergeben. Ob eine spürbare Beeinträchtigung der Marktchancen der Mitbewerber eintritt oder eintreten kann, hängt von der Größe eines erzielbaren Wettbewerbsvorsprungs ab. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen: die Marktverhältnisse, die Art, die Schwere, die Häufigkeit oder die Dauer des Wettbewerbsverstoßes.

4. Liegt bei lediglich vier Artikeln einer Heimwerkermarktkette (hier: bei einem Sortiment von über 70.000 Artikeln) eine wettbewerbsrechtlich zu beanstandende Preisgestaltung vor und werden diese Artikel zudem mit diesen Preisen in unterschiedlichen Märkten der Kette und an verschiedenen Orten Deutschlands vertrieben, können die Auswirkungen der wettbewerbswidrigen Preisgestalung nur als geringfügig bezeichnet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein einmaliger Verstoß vorliegt.

MIR 2006, Dok. 240


Download: Entscheidungsvolltext PDF


Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.11.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/458

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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