Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 21.09.2006 - Az. 4 U 86/06
Es stellt eine Einwirkung in betrügerischer Weise auf den Wettbewerb dar, wenn eine KfZ-Werkstatt den von einem Kasko-Hagelschaden ab 1000,- EUR betroffenen Kunden eine Barvergütung in Höhe von 150,- EUR anbietet, falls diese ihr den Reparaturauftrag erteilen.
UWG § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2,3; StGB § 263
Leitsätze:*1. Der Betrugstatbestand des § 263 StGB stellt eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar, die auch dazu
bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Ein Wettbewerber begeht somit auch einen
Wettbewerbsverstoß, wenn er in betrügerischer Weise auf den Wettbewerb einwirkt.
2. Es stellt eine Einwirkung in betrügerischer Weise auf den Wettbewerb dar, wenn eine KfZ-Werkstatt den von einem Kasko-Hagelschaden
ab 1000,- EUR betroffenen Kunden eine Barvergütung in Höhe von 150,- EUR anbietet, falls diese ihr den Reparaturauftrag erteilen.
Denn wenn dem jeweiligen Kunden vorab ein Betrag von 150,- EUR ausgezahlt wird, stellt sich für diesen der Reparaturaufwand als um
diesen Betrag geringer dar. Wird demgegenüber der Versicherung der tatsächlich Aufwand der Reparatur mitgeteilt, ohne dass sie
von der Barvergütung weiß, erliegt diese dem Irrtum, der Versicherungsnehmer müsse den in Rechnung gestellten Betrag voll bezahlen.
Während dem Versicherungsnehmer im Ergebnis tatsächlich 150,- EUR weniger abverlangt werden, wird gegenüber der Versicherung der volle
Reparaturaufwand geltend gemacht. Die Versicherung soll und wird der Regulierung somit einen überhöhten Preis zugrundelegen, womit
die beworbene Barvergütung auf einen Betrug zu Lasten des Versicherers abzielt.
3. Wird durch das Werbeverhalten eines Markteilnehmers ein Betrug von Kunden und anderen Markteilnehmern ermöglicht, liegt
kein wettbewerbsrechtlicher Bagatellfall vor.
MIR 2006, Dok. 211
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 05.11.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/429
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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