Kurz notiert // Wettbewerbsrecht
Oberlandesgericht Köln
Irreführende Werbung von Zahnärzten für den eigenen Notdienst - Angaben dürfen nicht den falschen Eindruck eines öffentlich-rechtlich organisierten Notdienstes erwecken
OLG Köln, Urteil vom 06.03.2020 - 6 U 140/19
MIR 2020, Dok. 036, Rz. 1
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Wird durch die Werbung einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis auf ihrer Internetseite der Eindruck erweckt, bei einem eigenen Notdienst handele es sich um den kassenärztlichen Notdienst bzw. könnte dieser Eindruck bei dem angesprochenen Verkehr erweckt weden, kann dies wettbewerbswidrig sein. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 06.03.2020 (6 U 140/19) hervor.
Zur Sache
Klägerin ist die Zahnärztekammer Nordrhein. Diese hatte eine Kölner Gemeinschaftspraxis auf Unterlassung in Anspruch genommen, weil die Zahnärzte auf ihrer Webseite einen eigenen Notdienst in den Abendstunden und an den Wochenenden beworben hatten. Jeweils am Ende der Seite befand sich der Hinweis, dass es sich dabei nicht um den Notdienst der Zahnärztekammer Nordrhein oder der kassenzahnärztlichen Vereinigung handele.
Die Klägerin hatte die Auffassung vertreten, die Werbung der Beklagten auf ihren Internetseiten sei irreführend, weil sie so verstanden werde, dass es sich bei dem Angebot um einen öffentlich-rechtlich organisierten Notdienst handele. Dieser Eindruck werde auch nicht durch den Hinweis am Ende der Seite ausgeräumt, da dieser - zudem - erst durch "Scrollen" sichtbar werde.
Entscheidung des Gerichts: Konkrete Ausgestaltung der Internetseite irreführend - trotz objektiv richtiger Angaben
Das Oberlandesgericht Köln hat die Beklagte (unter teilweise Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung) zur Unterlassung verurteilt.
Die konkrete Ausgestaltung der Internetseite der Beklagten sei irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.
Auch eine gesetzlich zulässige und damit objektiv richtige Angabe könne irreführend sein, wenn sie bei den angesprochenen Personen zu einer Fehlvorstellung führe, die deren Geschäftsverhalten beeinflussen könne. Die Werbeangabe der Beklagten richte sich an gegebenenfalls unter Schmerzen leidende mögliche Patienten oder Dritte, die auf der Suche nach einem Zahnarztnotdienst seien. Die von den Beklagten genutzte Internetadresse lasse nicht erkennen, dass es sich um die Internetseite einer Praxis oder einer Zahnklinik handele. Vielmehr sei der Domainname sehr allgemein gehalten. Daher liege der Eindruck nicht fern, dass es sich um die (Zahn-) Ärzte handele, die in der Klägerin organisiert sind und damit auch um den von der Klägerin organisierten Notdienst. Das Notdienstangebot der Beklagten werde auf der Seite besonders hervorgehoben, ohne dass ersichtlich sei, dass die Beklagten damit allein den von ihnen selbst organisierten Notdienst bewerben. Die Richtigstellung am Ende der Seite werde nicht im Zusammenhang mit dem Blickfang dargestellt und begründe daher kein anderes Ergebnis.
Der erkennende Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen
(tg) - Quelle: PM Nr. 17/20 des OLG Köln vom 24.04.2020
Zur Sache
Klägerin ist die Zahnärztekammer Nordrhein. Diese hatte eine Kölner Gemeinschaftspraxis auf Unterlassung in Anspruch genommen, weil die Zahnärzte auf ihrer Webseite einen eigenen Notdienst in den Abendstunden und an den Wochenenden beworben hatten. Jeweils am Ende der Seite befand sich der Hinweis, dass es sich dabei nicht um den Notdienst der Zahnärztekammer Nordrhein oder der kassenzahnärztlichen Vereinigung handele.
Die Klägerin hatte die Auffassung vertreten, die Werbung der Beklagten auf ihren Internetseiten sei irreführend, weil sie so verstanden werde, dass es sich bei dem Angebot um einen öffentlich-rechtlich organisierten Notdienst handele. Dieser Eindruck werde auch nicht durch den Hinweis am Ende der Seite ausgeräumt, da dieser - zudem - erst durch "Scrollen" sichtbar werde.
Entscheidung des Gerichts: Konkrete Ausgestaltung der Internetseite irreführend - trotz objektiv richtiger Angaben
Das Oberlandesgericht Köln hat die Beklagte (unter teilweise Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung) zur Unterlassung verurteilt.
Die konkrete Ausgestaltung der Internetseite der Beklagten sei irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.
Auch eine gesetzlich zulässige und damit objektiv richtige Angabe könne irreführend sein, wenn sie bei den angesprochenen Personen zu einer Fehlvorstellung führe, die deren Geschäftsverhalten beeinflussen könne. Die Werbeangabe der Beklagten richte sich an gegebenenfalls unter Schmerzen leidende mögliche Patienten oder Dritte, die auf der Suche nach einem Zahnarztnotdienst seien. Die von den Beklagten genutzte Internetadresse lasse nicht erkennen, dass es sich um die Internetseite einer Praxis oder einer Zahnklinik handele. Vielmehr sei der Domainname sehr allgemein gehalten. Daher liege der Eindruck nicht fern, dass es sich um die (Zahn-) Ärzte handele, die in der Klägerin organisiert sind und damit auch um den von der Klägerin organisierten Notdienst. Das Notdienstangebot der Beklagten werde auf der Seite besonders hervorgehoben, ohne dass ersichtlich sei, dass die Beklagten damit allein den von ihnen selbst organisierten Notdienst bewerben. Die Richtigstellung am Ende der Seite werde nicht im Zusammenhang mit dem Blickfang dargestellt und begründe daher kein anderes Ergebnis.
Der erkennende Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen
(tg) - Quelle: PM Nr. 17/20 des OLG Köln vom 24.04.2020
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 24.04.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2977
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