Rechtsprechung
LG Berlin, Beschluss vom 10.10.2006 - Az. 16 O 908/06
Briefe berühmter Schriftsteller, die nach Form und Inhalt über alltägliche Mitteilungen hinaus gehen und Ausdruck einer individuell geprägten Schöpfung sind, können Urheberschutz genießen.
UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 12, § 15, § 16, § 17, § 19a; BGB § 823 Abs. 1
Leitsätze:*1. Briefe berühmter Schriftsteller, die nach Form und Inhalt über alltägliche Mitteilungen hinaus gehen und Ausdruck einer
individuell geprägten Schöpfung sind, können Urheberschutz genießen.
Hierbei kann die persönliche geistige Schöpfung sowohl in der Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts als auch in der
besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes liegen. Um hochgeistige Erzeugnisse
literarischer Prägung braucht es sich hierbei allerdings nicht zu handeln, wenn sich die Briefe, jedenfalls durch die Art der Sprachgestaltung
oder Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen, kulturellen, politischen oder sonstigen Fragen von gewöhnlichen Briefen abheben.
2. Gewöhnliche Briefe alltäglichen Inhalts unterfallen allerdings auch dann nicht dem Urheberschutz, wenn es sich um Mitteilungen berühmter
Schriftsteller handelt.
3. Auch der Umstand, dass Briefe an einen bestimmten Adressaten gerichtet sind, gleichwohl aber in dessen Empfangsbereich andere Personen
von den Inhalten möglicherweise Kenntnis erlangen können, führt nicht zu der Annahme eines Veröffentlichungswillens und damit
zu keiner Veröffentlichung im Sinne von §12 UrhG.
4. Eine auf den Ausnahmefall beschränkte übergesetzliche Einschränkung des Erstveröffentlichungsrechts hat unter Abwägung der sich
gegenüberstehenden Grundrechte (Persönlichkeits- und Eigentumsrecht einerseits, Presse- und Meinungsfreiheit andererseits) jedenfalls
dergestalt zu erfolgen, dass ein Eingriff möglichst schonend erfolgen muss.
MIR 2006, Dok. 208
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 02.11.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/426
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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