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Rechtsprechung



BVerfG, Beschluss vom 21.08.2006 - Az. 1 BvR 2047/03

"maxem.de" - Der aus einfachem Recht abgeleitete Vorrang des bürgerlichen Namens (§ 12 BGB) ist angesichts dessen Bedeutung für die Bezeichnung einer Person verfassungsrechtlich dann nicht zu beanstanden, wenn ein Pseudonym noch keine Verkehrsgeltung erlangt hat und dessen Träger nicht verwehrt wird, es z.B. mit einem weiteren Zusatz als Internetadresse zu nutzen.

GG Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1; BGB § 12

Leitsätze:*

1. Der Schutz des Namens ist Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der Name eines Menschen hat nicht nur Ordnungs- und Unterscheidungsfunktion. Er ist auch Ausdruck der Identität und Individualität. Als solcher lässt er sich nicht beliebig austauschen. Der Name begleitet vielmehr die Lebensgeschichte seines Trägers. Dieser wird unter dem Namen als Person identifizierbar.

2. Der verfassungsrechtlich durch das allgemein Persönlichkeitsrecht gewährleistete Schutz des Namens erschöpft sich nicht im Schutz des bürgerlichen Namens. Auch der von einem Menschen tatsächlich geführte Name (Pseudonym) kann verfassungsrechtichen Schutz genießen, wenn sich mit ihm eine Identität und Individualität des Namensträgers herausgebildet und verfestigt hat und auch herausbilden durfte.

3. Eine Maßnahme, die den Gebrauch des Zeichens einschränkt, das einer Person als Name dient, berührt nur dann den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wenn das Zeichen gerade in seiner Identität und Indiviudualität stiftenden Funktion als Name benutzt werden soll. Dies ist der Fall, wenn der Namensträger gehindert wird, am kommunikativen Verkehr unter seinem Namen teilzunehmen, so dass für andere Kommunikationsteilnehmer die Zurechnung bestimmter persönlicher Verhältnisse wie Lebensgeschichte, Äußerungen oder Handlungen zum Namensträger beeinträchtigt oder sogar verhindert wird.

4. Wird der Name lediglich als Zeichen zur technischen Adressierung bestimmter Inhalte (hier: im Internet) genutzt, berührt das Verbot des Zeichengebrauchs die Identität und Individualität des Namensträgers grundsätzlich nicht. Er ist nicht daran gehindert, die Inhalte, die unter der von ihm genutzten Adresse verfügbar sind, als Äußerung seiner durch seinen Namen benannten Person zu kennzeichnen und es steht ihm weiterhin frei, den Namen auch in anderen Zusammenhang als Kennzeichnung seiner Person zu benutzen.

5. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dem Träger eines bürgerlichen Namens trotz der früheren Registrierung eines Domain-Namens das bessere Recht einzuräumen. Denn das Prioritätsprinzip als Regel der Konfliktentscheidung ist verfassungsrechtlich zwar erlaubt, aber nicht geboten.

6. Der aus einfachem Recht abgeleitete Vorrang des bürgerlichen Namens (§ 12 BGB) ist angesichts dessen Bedeutung für die Bezeichnung einer Person verfassungsrechtlich dann nicht zu beanstanden, wenn ein Pseudonym noch keine Verkehrsgeltung erlangt hat und dessen Träger nicht verwehrt wird, es z.B. mit einem weiteren Zusatz als Internetadresse zu nutzen.

MIR 2006, Dok. 172


Download: Entscheidungsvolltext PDF


Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 30.09.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/390

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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