Rechtsprechung
OLG Brandenburg, Urteil vom 13.06.2006 - Az. 6 U 114/05
Gesetzliche Vorschriften, die den Betreiber einer Internet-Plattform eines Auktionshauses verpflichten, Zugangsbeschränkungen (Altersverifikation) einzurichten, existieren bislang nicht. Einer derartigen Restriktion des Jugendschutzgesetzes unterliegen vielmehr nur die Nutzer einer derartigen Internetplattform, die jugendgefährdene Inhalte anbieten. Zur Störerhaftung.
UWG § 4 Nr. 11; JuSchG § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2; TDG § 11 S. 1 Ziffer 2
Leitsätze:*1. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt derjenige Mitbewerber unlauter, der einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu
bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Das Jugendschutzgesetz stellt eine solche
Vorschrift dar, wonach bestimmte indizierte Bildträger einem Kind oder einer jugendlichen Person nicht angeboten, überlassen oder
sonst zugänglich gemacht werden und auch nicht im Versandhandel angeboten oder überlassen werden dürfen (§ 12 Abs. 3 Nr.1 und 2
Jugenschuztgesetz - JuSchG).
2. Der Anbieter einer Internetplattform (hier: in der Art eines Auktionshauses), welcher lediglich fremde Informationen für einen
Nutzer speichert oder durchleitet, verstößt nicht selbst gegen die gesetzlichen Pflichten des Jugenschutzgesetzes. Eigenes
Handlungsunrecht kann dem Diensteanbieter insoweit nicht zur Last gelegt werden.
Derartige Handlungen nehmen allein die Nutzer der Plattform des jeweiligen Diensteanbieters vor. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen,
wenn die Angebote auf der Plattform nur so verstanden werden können, dass ein Vertrag allein zwischen Anbieter und Kunden
zustande kommt und auch nur der Anbieter den Versand des entsprechenden Objekts vorzunehmen hat.
3. Die Haftung als Gehilfe oder Anstifter für fremde Wettbewerbsverstöße setzt das Bewußtsein
der Rechtswidrigkeit bzw. der Unlauterbarkeit voraus, wobei hier dem Vorsatz das bewusste Verschließen vor einer Kenntnisnahme gleichsteht.
4. Einem Diensteanbieter ist es nicht zuzumuten, jedes in einem automatisierten Verfahren unmittelbar ins Internet gestellte
Angebot darauf zu prüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt sind. Erlangt der Diensteanbieter allerdings Kenntnis von Verletzungshandlungen,
so ist er verpflichtet, die entsprechenden Angebote unverzüglich zu sperren oder die relevanten Informationen zu entfernen (§ 11 S. 1 Ziffer 2 TDG).
5. Gesetzliche Vorschriften, die dem Einrichter bzw. Betreiber einer Internet-Plattform eines Auktionshauses (generell) verpflichten,
Zugangsbeschränkungen einzurichten (Altersverifikation), existieren bislang nicht. Einer derartigen Restriktion des Jugendschutzgesetzes
unterliegen vielmehr nur die Nutzer einer derartigen Internetplattform, die jugendgefährdene Inhalte anbieten (hier: DVD´s).
MIR 2006, Dok. 150
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 10.09.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/367
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18.07.2023 - 6 W 40/23, MIR 2023, Dok. 060
ÖKO-TEST III - Zur unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung einer Marke (hier Testlogo von ÖKO-TEST) und zum Schadenersatz bei einer solchen Markenverletzung
BGH, Urteil vom 16.12.2021 - I ZR 201/20, MIR 2022, Dok. 007
Irreführung durch eigenen Bericht in "Presseschau" - Von einer Presseschau erwartet der Verkehr eine Zusammenstellung von Berichten unabhängiger Presseorgane
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.04.2022 - 6 W 8/22, MIR 2022, Dok. 040
Klimaneutrales WUNDERBRAEU aus München? - Irreführende Angaben beim Vertrieb und der Bewerbung eines Bieres
Landgericht München I, MIR 2023, Dok. 084
Balloon - Lizenzschaden und Lizenzanalogie bei der Benutzung des Designs für ein einfaches Sofa
OLG Köln, Urteil vom 30.09.2022 - 6 U 77/22, MIR 2023, Dok. 006