MIR-Newsletter

Der MIR-Newsletter informiert Sie regelmäßig über neue Inhalte in MIR - MEDIEN INTERNET und RECHT!

Schließen Abonnieren
MIR-Logo mobil

Logo MEDIEN INTERNET und RECHT
Logo MEDIEN INTERNET und RECHT

Rechtsprechung



OLG Brandenburg, Urteil vom 11.01.2006 - Az. 7 U 52/05

Vertragsbedingungen bei Internetauktionen - In dem Verlangen einer Erklärung über die Volljährigkeit und unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Nutzers liegt kein Verstoß gegen § 309 Nr. 12 b BGB. Zu den Anforderungen an die elektronische Einwilligung in eine Datenschutzerklärung und zur Frage des "zumutbaren Zugangs in andere Weise" i.S.d. § 3 Abs. 4 TDDSG.

BGB § 312 Nr. 12 b; TDDSG § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1

Leitsätze:*

1. In dem Verlangen einer Erklärung über die Volljährigkeit und unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Nutzers (hier: im Rahmen der Vertragsbedingungen bei Internetauktionen) liegt kein Verstoß gegen § 309 Nr. 12 b BGB. Denn es folgt daraus nicht eine Veränderung der Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils, wie sie Voraussetzung des Klauselverbots ist.

2. Im Rechtsverkehr ist das Bestehen uneingeschränkter Geschäftsfähigkeit als der Regelfall anzusehen, so dass deren Fehlen nach § 104 BGB oder deren Beschränkung nach § 106 BGB stets derjenige zu beweisen hat, der sich zu seinen Gunsten darauf beruft. Insoweit hat ohnehin der Nutzer zu beweisen, dass er nicht oder eingeschränkt geschäftsfähig ist.

3. Die Erklärung "Ich ... erkläre, dass ich volljährig und unbeschränkt geschäftsfähig bin", schränkt den Kreis der dem Nutzer offen stehenden Beweismittel nicht ein (faktische Verschlechterung der Beweisposition) und ändert nichts daran, dass dessen Minderjährigkeit leicht, etwa durch Vorlage eines gültigen Personaldokuments, bewiesen werden kann.

4. Bei einer elektronischen Einwilligung in die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten hat der Diensteanbieter gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 TDDSG sicherzustellen, dass die Einwilligung durch eine eindeutige und bewusste Handlung des Nutzers erfolgt. Diese Regelung soll sicherstellen, dass der Nutzer bei der Abgabe der Einwilligungserklärung den erforderlichen subjektiven Erklärungswillen gebildet hat. Dem ist Genüge getan, wenn ein durchschnittlich verständiger Nutzer erkennen kann und muss, dass er rechtsverbindlich einer Verarbeitung seiner persönlichen Daten zustimmt. Dies wiederum ist dann anzunehmen, wenn die Einwilligungserklärung durch eine bestätigende Wiederholung des Übermittlungsbefehls bei gleichzeitiger zumindest auszugsweiser Darstellung der Einwilligungserklärung auf dem Bildschirm erteilt wird.

5. Kann schon anhand der Abfolge der Menübefehle aus der Sicht eines verständigen Nutzers nach §§ 133, 157 BGB der zweite Befehl nicht anderes als eine Bestätigung des ersten aufgefasst werden, reicht dies bereits aus, um die Erfordernisse des § 4 Abs. 2 Nr. 1 TDDSG zu erfüllen.

6. Wird eine Datenschutzerklärung in einem Browserfenster nur im Umfang von fünf Zeilen sofort lesbar dargestellt und befindet sich am rechten Fensterrand ein Scrollbalken und ist die Möglichkeit zum Ausdrucken der Datenschutzerklärung vorhanden (z.B. Link), ist diese Darstellung ausreichend. Denn bei einem durchschnittlich verständigen Nutzer kann insbesondere die Bedeutung und Funktionsweise eines Scrollbalkens ohne weiteres als bekannt vermutet werden. Durch derartige Möglichkeiten sind genügend Vorkehrungen dafür getroffen, dass der Nutzer sich den Inhalt der Datenschutzerklärung vor Augen führen und seine Einwilligung im Bewußtsein der Abgabe einer rechtsverbindlichen Erklärung stattfinden kann.

7. Das Koppelungsverbot des § 3 Abs. 4 TDDSG verbietet es dem Diensteanbieter, die Erbringung von Telediensten von einer Einwilligung des Nutzers in eine Verbreitung oder Nutzung seiner Daten für andere als den gesetzlich erlaubten Zwecken abhängig zu machen, wenn dem Nutzer ein anderer Zugang zu diesen Telediensten nicht oder in nicht zumutbarer Weise möglich ist.

8. Für die Frage, ob dem Nutzer ein anderer Zugang zu diesen Telediensten in zumutbarer Weise möglich ist, ist darauf abzustellen, ob der Diensteanbieter eine Monopolstellung innehat und diese ausnutzt. Bieten hingegen andere Anbieter gleichwertige Dienste an, die der Nutzer ohne zumutbare Nachteile in Anspruch nehmen kann, so ist dem Nutzer ein anderer Zugang zu den jeweiligen Telediensten nicht verwert. Auch bei einem Marktanteil bezüglich der entsprechenden Dienste von 76,39 % ist von einer Monopolstellung noch nicht auszugehen.

MIR 2006, Dok. 148


Download: Entscheidungsvolltext PDF


Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 08.09.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/365

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
dejure.org StellenmarktAnzeige