Rechtsprechung
LG Bielefeld, Urteil vom 2.06.2006 - Az. 15 I 53/06
Ein wesentliches Indiz für Rechtsmissbrauch liegt in einem massenhaften Vorgehen (Serienabmahnungen), wobei allein die Vielzahl von Abmahnungen die Feststellung einer Rechtsmissbräuchlichkeit noch nicht tragen muss. Ein massenhaftes Vorgehen deutet jedenfalls auf sachfremde Erwägungen hin.
Leitsätze:
UWG § 8 Abs. 4
1. Rechtsmissbrauch nach § 8 Abs. 4 UWG liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte, für sich gesehen, nicht schutzfähige Interessen verfolgt und
diese als eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen, wobei ein Fehlen oder vollständiges
Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Interessen dabei nicht erforderlich ist.
2. Ein wesentliches Indiz für Rechtsmissbrauch liegt in einem massenhaften Vorgehen (hier Serienabmahnungen - eine Vielzahl von Abmahnungen; jedenfalls 100 Stück
innerhalb weniger Tage), wobei allein die Vielzahl von Abmahnungen die Feststellung einer Rechtsmissbräuchlichkeit noch nicht tragen muss.
3. Ein massenhaftes Vorgehen deutet jedenfalls auf sachfremde Erwägungen insbesondere in dem Sinne hin, dass das Verhalten darauf angelegt ist, ohne
Risiken möglichst viele Gebühren, wie sie mit den Abmahnungen eingefordert werden, zu erzielen.
4. Die gilt umso mehr, wenn bereits fraglich ist, ob die massenhaft und in gleicher Weise geltend gemachten Unterlassungsansprüche überhaupt bestehen,
oder aber bereits fraglich ist, ob die massenhaft abgemahnten Verstöße geeignet wären den Wettebewerb nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen (hier
u.a. wegen Verstößen gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV).
MIR 2006, Dok. 136
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.08.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/351
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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