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Rechtsprechung // Zivilrecht



OLG Köln, Beschluss vom 12.04.2021 - 15 W 18/21

Einmal ist einmal - Ein Verfügungsgrund besteht auch bei Übersendung von nur einer Werbe-E-Mail ohne Einwilligung des Adressaten

ZPO §§ 935, 940; BGB §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 analog

Leitsätze:*

1. Die Übersendung einer (Werbe-) E-Mail an einen Gewerbetreibenden bzw. Unternehmer ohne dessen Einwilligung stellt einen (rechtswidrigen) Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 analog BGB).

2. Im Hinblick auf den Erlass einer dahingehenden einstweiligen Verfügung ist auch bei der Übersendung von nur einer einzigen Werbe-E-Mail ein Verfügungsgrund anzunehmen (§§ 935, 940 ZPO). Die von dieser Übersendung indizierte Gefahr künftiger Belästigungen ist nicht als derart gering einzustufen, dass das Vorgehen im Wege des Eilrechtsschutzes unverhältnismäßig wäre (vgl. KG, Urteil vom 20.6.2002 - 10 U 54/02; OLG Köln, Beschluss vom 23.12.2004 - 6 W 127/04).

Zwar stellt es bei den heutigen technischen Möglichkeiten keinen großen Aufwand dar, eine unverlangt übersandte E-Mail wieder zu löschen; gleiches dürfte auch hinsichtlich der Entsorgung eines unverlangt übersandten Werbe-Fax gelten. Diese rein auf die Frage des Beseitigungsaufwands fokussierende Betrachtung lässt jedoch außen vor, dass eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung für den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb des Adressaten darin besteht, für die tägliche Sichtung der E-Mail- und Faxeingänge Sorge zu tragen, sein Personal zu entsprechender Tätigkeit anzuhalten und anzuleiten, das Risiko von Fehlern bei der Löschung/Entsorgung solcher Werbenachrichtung zu tragen und dass - im Falle der Übersendung unerwünschter Werbung per Fax - auch letztlich ein Aufwand an Sachmitteln zu Buche schlägt. Auf der anderen Seite ist dagegen keinerlei schutzwürdiges Interesse des Versenders ersichtlich, von einer einstweiligen Regelung des Rechtsverhältnisses verschont zu werden und die Zeit bis zur Erlangung eines zumindest vorläufig vollsteckbaren Urteils im Hauptsacheverfahren dazu nutzen zu können, dem Adressaten weiterhin Werbung ohne seine Einwilligung zu übersenden.

MIR 2021, Dok. 066


Anm. der Redaktion: Hier wurde auf die Abmahnung wegen der zunächst übersandten Werbe-E-Mail nicht reagiert und in der Folge noch ein weiteres Werbe-Fax geschickt. Auch diesen Punkt scheint das Gericht in die "Prognoseentscheidung" einzubeziehen. Klar erkennbar ist aber auch die Tendenz (nun auch des OLG Köln, zuvor besonders deutlich das Kammergericht), gerade aufgrund solcher "Lebenswirklichkeiten", den Verfügungsgrund bereits bei einer unverlangt übersandten und damit rechtswidrigen Werbenachricht zu bejahen. Die Schutzinteressen sind grundsätzlich ebenfalls klar vorgezeichnet. Warum soll - so muss man es heute annehmen - die bewusste und mitunter "institutionalisierte" und "berechnete" Übertretung eines bekannten Rechtsrahmens gefördert werden? (RA Thomas Ch. Gramespacher, Bonn)
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 31.08.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3107

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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