Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
OLG Köln, Urteil vom 04.07.2025 - 6 U 51/25
Apfelleder - Es ist irreführend, wenn ein aus Kunststoff bestehendes Hundehalsband als "Apfelleder" beworben wird
UWG §§ 5 Abs. 2 Nr. 1, 8 Abs. 3 Nr. 2
Leitsätze:*1. Bei der Prüfung, ob eine Angabe geeignet ist, den Verkehr irrezuführen, kommt es nicht auf den objektiven Wortsinn und nicht darauf an, wie der Werbende selbst seine Aussage über die Ware oder gewerbliche Leistung verstanden haben will. Entscheidend ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet. Vorliegend richtet sich die streitgegenständliche Werbung an den normalen (hier: sich für Hundezubehör interessierenden) Verbraucher, weshalb es auf die Vorstellung des informierten, situationsbedingt aufmerksamen und angemessen verständigen (Kauf-) Interessenten ankommt.
2. Zur Irreführung durch die Verwendung eines zumindest mehrdeutigen Begriffs - bei dem der Verwender grundsätzlich alle möglichen Bedeutungen gegen sich gelten lassen muss - in der Werbung für ein Produkt (wird ausgeführt).
3. Eine irreführende Werbung ist geschäftlich relevant, wenn sie geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, § 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz UWG. Eine geschäftliche Entscheidung ist dabei jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Der Begriff "geschäftliche Entscheidung" erfasst außer der Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten eines Geschäfts oder den Zugang zu einem im Internet angebotenen Produkt über eine Übersichtsseite, um sich mit dem Produkt im Detail zu beschäftigen (BGH, Urteil vom 07.3.2019 - I ZR 184/17 - Energieeffizienzklasse III); es ist ausreichend, wenn die Fehlvorstellung des angesprochenen Verkehrs diesen etwa veranlasst, sich durch Aufruf einer Bestellwebsite oder durch Betreten eines Geschäfts mit dem Angebot näher zu befassen, auch wenn es nicht zum Kauf kommt.
4. Es ist irreführend, wenn ein aus Kunststoff bestehendes Hundehalsband als "Apfelleder" beworben wird.
MIR 2025, Dok. 064
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 16.09.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3498
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 04.04.2022 - 6 W 8/22, MIR 2022, Dok. 040
Werbeanzeige im Internet - Ein Vertrag über die Platzierung einer elektronischen Werbeanzeige unter einer Domain ist rechtlich als Werkvertrag zu qualifizieren
BGH, Urteil vom 22.03.2018 - VII ZR 71/17 , MIR 2018, Dok. 020
Störerhaftung des Registrars - Der Domainregistrar kann als Störer für die Bereitstellung urheberrechtsverletzender Inhalte unter einer registrierten Domain nach den für Access-Provider geltenden Grundsätzen haften
BGH, Urteil vom 15.10.2020 - I ZR 13/19, MIR 2020, Dok. 088
Afterlife - Zur Bestimmung der Reichweite der dem Inhaber eines Internetanschlusses im Falle einer über seinen Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung obliegenden sekundären Darlegungslast
BGH, Urteil vom 06.10.2016 - I ZR 154/15, MIR 2017, Dok. 013
Kate-Moss-Fotos - Zur Bemessung des Lizenzschadens bei urheberrechtswidriger Veröffentlichung professioneller Aktfotografien eines berühmten Models
OLG Köln, Urteil vom 26.02.2021 - 6 U 189/19, MIR 2021, Dok. 038