Kurz notiert // Urheberrecht
Bundesgerichtshof
Drohnenaufnahmen und Panoramafreiheit - Die Anfertigung von Luftbildaufnahmen von geschützten Werken mit einer Drohne unterfällt nicht § 59 Abs. 1 UrhG
BGH, Urteil vom 23.10.2024 - I ZR 67/23; Vorinstanzen: LG Bochchum, 18.11.2021 - I-8 O 97/21; OLG Hamm, 27.04.2023 - I-4 U 247/21
MIR 2024, Dok. 085, Rz. 1
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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 23.10.2024 (I ZR 67/23) entschieden, dass unter Zuhilfenahme einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken nicht der urheberrechtlichen Panoramafreiheit (§ 59 Abs. 1 UrhG) unterfallen.
Zur Sache
Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft, die Rechte und Ansprüche von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten im visuellen Bereich wahrnimmt. Die Beklagte betreibt einen Buchverlag, in dem sie Führer zu Halden des Ruhrgebiets veröffentlicht. Darin enthalten sind mittels einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen verschiedener Kunstinstallationen auf Bergehalden. Die Schöpfer dieser Installationen haben Wahrnehmungsverträge mit der Klägerin abgeschlossen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Publikationen der Beklagten verletzten die an den Installationen bestehenden Urheberrechte, weil die Luftbildaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt seien. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die von der Beklagten eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht den zu zahlenden Schadensersatz herabgesetzt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Drohnenaufnahmen keine erlaubten Nutzungen nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG
Die Revision hatte keinen Erfolg. Die Beklagte habe durch die Abbildung der als urheberrechtliche Werke geschützten Kunstinstallationen in das den Urhebern zustehende Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Werke eingegriffen. Die Vervielfältigung und Verbreitung von mit Hilfe einer Drohne angefertigten Luftaufnahmen seien keine nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG erlaubten Nutzungen der dargestellten Werke. Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG geregelte Panoramafreiheit bezwecke die Freistellung der Nutzung von Werken, wenn und soweit sie Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßen- oder Landschaftsbildes sind.
Interessenabwägung zugunsten der Urheber
Die bei der Auslegung von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG vor seinem unionsrechtlichen Hintergrund vorzunehmende Abwägung zwischen der Informations- und Kommunikationsfreiheit der Werknutzer mit dem berechtigten Interesse der Urheber, an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke tunlichst angemessen beteiligt zu werden, gehe im Falle der Nutzung von mit Hilfe von Drohnen aus der Luft angefertigten Lichtbildern in Buchveröffentlichungen zugunsten des Interesses der Urheber der fotografierten Werke aus. Diese Auslegung von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG schöpfe in zulässiger Weise den bei Anwendung der Schrankenbestimmung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. h der Richtlinie 2001/29/EG bestehenden Spielraum aus.
(tg) - Quelle: PM Nr. 204/2024 des BGH vom 23.10.2024
Zur Sache
Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft, die Rechte und Ansprüche von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten im visuellen Bereich wahrnimmt. Die Beklagte betreibt einen Buchverlag, in dem sie Führer zu Halden des Ruhrgebiets veröffentlicht. Darin enthalten sind mittels einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen verschiedener Kunstinstallationen auf Bergehalden. Die Schöpfer dieser Installationen haben Wahrnehmungsverträge mit der Klägerin abgeschlossen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Publikationen der Beklagten verletzten die an den Installationen bestehenden Urheberrechte, weil die Luftbildaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt seien. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die von der Beklagten eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht den zu zahlenden Schadensersatz herabgesetzt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Drohnenaufnahmen keine erlaubten Nutzungen nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG
Die Revision hatte keinen Erfolg. Die Beklagte habe durch die Abbildung der als urheberrechtliche Werke geschützten Kunstinstallationen in das den Urhebern zustehende Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Werke eingegriffen. Die Vervielfältigung und Verbreitung von mit Hilfe einer Drohne angefertigten Luftaufnahmen seien keine nach § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG erlaubten Nutzungen der dargestellten Werke. Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG geregelte Panoramafreiheit bezwecke die Freistellung der Nutzung von Werken, wenn und soweit sie Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßen- oder Landschaftsbildes sind.
Interessenabwägung zugunsten der Urheber
Die bei der Auslegung von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG vor seinem unionsrechtlichen Hintergrund vorzunehmende Abwägung zwischen der Informations- und Kommunikationsfreiheit der Werknutzer mit dem berechtigten Interesse der Urheber, an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke tunlichst angemessen beteiligt zu werden, gehe im Falle der Nutzung von mit Hilfe von Drohnen aus der Luft angefertigten Lichtbildern in Buchveröffentlichungen zugunsten des Interesses der Urheber der fotografierten Werke aus. Diese Auslegung von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG schöpfe in zulässiger Weise den bei Anwendung der Schrankenbestimmung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. h der Richtlinie 2001/29/EG bestehenden Spielraum aus.
(tg) - Quelle: PM Nr. 204/2024 des BGH vom 23.10.2024
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.10.2024
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3414
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