Rechtsprechung // Datenschutzrecht
EuGH, Urteil vom 04.10.2024 - C‑507/23
DSGVO-Schadenersatz - Eine Entschuldigung kann einen angemessenen Ersatz eines immateriellen Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO darstellen
Verordnung (EU) 2016/679 (DSGVO) Art. 82 Abs. 1
Leitsätze:*1. Art. 82 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass ein Verstoß gegen Bestimmungen dieser Verordnung für sich genommen nicht ausreicht, um einen "Schaden" im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO darzustellen.
2. Art. 82 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass eine Entschuldigung einen angemessenen Ersatz eines immateriellen Schadens auf der Grundlage dieser Bestimmung darstellen kann, insbesondere, wenn es nicht möglich ist, die Lage vor dem Eintritt des Schadens wiederherzustellen, sofern diese Form des Schadenersatzes geeignet ist, den der betroffenen Person entstandenen Schaden in vollem Umfang auszugleichen.
3. Art. 82 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass er der Möglichkeit entgegensteht, die Haltung und die Beweggründe des Verantwortlichen zu berücksichtigen, um der betroffenen Person gegebenenfalls einen Schadenersatz zu gewähren, der geringer ist als der Schaden, der ihr konkret entstanden ist.
4. Bei fehlender Schwere des der betroffenen Person entstandenen Schadens, kann dieser ausgeglichen werden, indem dieser Person (nur) ein geringfügiger Schadenersatz zugesprochen wird, sofern dessen Höhe geeignet ist, den Schaden in vollem Umfang auszugleichen (vgl. EuGH, Urteile vom 20.06.2024 - C‑182/22 und C‑189/22 - Scalable Capital, Rn. 46). Art. 82 Abs. 1 DSGVO verwehrt es nicht, dass eine Entschuldigung als eigenständigen oder ergänzenden Ersatz eines immateriellen Schadens darstellen kann, sofern eine solche Form des Schadenersatzes die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität wahrt.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 09.10.2024
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3409
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 062
Pizzafoto - Zuständigkeitskonzentration und Rechtsmitteleinlegung beim funktional unzuständigen Gericht bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Gerichts
BGH, Beschluss vom 07.06.2018 - I ZB 48/17, MIR 2018, Dok. 050
Grundsätzlich keine wettbewerbsrechtliche Haftung von Anbietern für Kundenbewertungen bei Amazon
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 013
Markenschutz für die Form von Dextro Energy-Traubenzuckertäfelchen
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 041
Conny - Online-Bestell-Button muss auch dann die Anforderungen aus § 312j Abs. 3 BGB erfüllen, wenn die Zahlungsverpflichtung von einer weiteren Bedingung abhängt
EuGH, Urteil vom 30.05.2024 - C-400/22, MIR 2024, Dok. 045