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Kurz notiert // Markenrecht



Bundesgerichtshof

Quadratisch. Praktisch, Ritter-Sport - Quadratische Verpackung der Schokolade als Marke geschützt

BGH, Beschlüsse vom 23.07.2020 - I ZB 42/19 und I ZB 43/19; Vorinstanzen: BPatG, Beschlüsse vom 04.11.2016 - 25 W (pat) 78/14; BGH, Beschluss vom 18.10.2017 - I ZB 105/16 - Quadratische Tafelschokoladenverpackung I, BGH, Beschluss vom 18.01.2017 - I ZB 106/16; BPatG, Beschlüsse vom 13.12.2018 - 25 W (pat) 78/14

MIR 2020, Dok. 062, Rz. 1


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Der Bundesgerichtshof hat mit Beschlüssen vom 23.07.2020 (I ZB 42/19 und I ZB 43/19) die Anträge auf Löschung von zwei für Tafelschokolade eingetragenen Marken in Form quadratischer Verpackungen zurückgewiesen. Markenschutz sei ausgeschlossen, wenn die Form der Ware oder Verpackung der Ware einen wesentlichen Wert verleiht (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Dies verneinte das Gericht im vorliegenden Fall. Damit bleiben diese Verpackungen der Schokolade Ritter-Sport weiterhin als (Form-) Marken geschützt..

Zur Sache:

Für die Markeninhaberin sind seit 1996 und 2001 zwei dreidimensionale Formmarken als verkehrsdurchgesetzte Zeichen für die Ware "Tafelschokolade" registriert. Sie zeigen in zwei verschiedenen Größen jeweils die Vorderseite und die Rückseite einer Verpackung mit einer quadratischen Grundfläche sowie zwei seitlichen Verschlusslaschen und einer weiteren Verschlusslasche auf der Rückseite. Dabei handelt es sich um die neutralisierten Verpackungen der Tafelschokoladen "Ritter Sport" und "Ritter Sport Minis".

Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt in zwei Verfahren jeweils die Löschung der Marken beantragt. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anträge zurückgewiesen. Auf die Beschwerden der Markeninhaberin hat das Bundespatentgericht die Löschung der Marken angeordnet. Es hat angenommen, die Zeichen seien nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie ausschließlich aus einer Form bestünden, die durch die Art der Ware selbst bedingt sei. Auf die Rechtsbeschwerden der Markeninhaberin hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidungen aufgehoben und die Verfahren an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Er hat ausgeführt, das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG liege nicht vor; das Bundespatentgericht habe deshalb die von ihm offengelassene Frage zu prüfen, ob das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bestehe. Danach sind Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht, dem Schutz als Marke nicht zugänglich. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dieses Schutzhindernis liege nicht vor, und hat die Beschwerden der Antragstellerin zurückgewiesen. Dagegen hat nun die Antragstellerin Rechtsbeschwerden beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Markenschutz nur ausgeschlossen, wenn die Form der Ware oder Verpackung der Ware einen wesentlichen Wert verleiht (hier: verneint)

Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerden zurückgewiesen. Die Löschungsanträge seien nicht begründet. Die eingetragenen Marken bestünden nicht ausschließlich aus einer Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Das einzige wesentliche Merkmal der als Marken eingetragenen Warenverpackungen seien deren quadratische Grundflächen. Diese verleihen der in den Verpackungen vertriebenen Tafelschokolade keinen wesentlichen Wert. Maßgeblich für die insoweit erforderliche Beurteilung seien Beurteilungskriterien wie die Art der in Rede stehenden Warenkategorie, der künstlerische Wert der fraglichen Form, ihre Andersartigkeit im Vergleich zu anderen auf dem jeweiligen Markt allgemein genutzten Formen, ein bedeutender Preisunterschied gegenüber ähnlichen Produkten oder die Ausarbeitung einer Vermarktungsstrategie, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der jeweiligen Ware herausstreicht. Das Schutzhindernis liege vor, wenn aus objektiven und verlässlichen Gesichtspunkten hervorgeht, dass die Entscheidung der Verbraucher, die betreffende Ware zu kaufen, in hohem Maß durch dieses Merkmal bestimmt wird.

Auf der Grundlage der vom Bundespatentgericht getroffenen Feststellungen könne nicht angenommen werden, dass die Entscheidung der Verbraucher, die in den quadratischen Verpackungen vertriebene Tafelschokolade zu kaufen, in hohem Maße dadurch bestimmt wird, dass diese Verpackungsform der Schokolade einen wesentlichen Wert verleiht. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts habe die quadratische Form der Verpackung keinen besonderen künstlerischen Wert und führt auch nicht zu bedeutenden Preisunterschieden gegenüber ähnlichen Produkten. Die Markeninhaberin verfolge zwar eine Vermarktungsstrategie, in der sie die quadratische Form der Verpackung mit dem bekannten Werbespruch "Quadratisch. Praktisch. Gut." herausstellt. Dies könne zwar dazu führen, dass die Entscheidung der Verbraucher, die Schokolade zu erwerben, durch die quadratische Form der Verpackung bestimmt wird, weil die Verbraucher darin einen Hinweis auf die Herkunft der Schokolade aus einem bestimmten Unternehmen sehen und damit bestimmte Qualitätserwartungen verbinden. Darauf komme es aber nicht an. Vom Markenschutz ausgeschlossen sei die Form einer Ware oder einer Verpackung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nur dann, wenn sie der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Dafür bestünden im Fall der hier in Rede stehenden quadratischen Tafelschokolade-Verpackungen keine Anhaltspunkte.

(tg) - Quelle: PM Nr. 93/2020 des BGH vom 23.07.2020

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 23.07.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3003
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